Der Streit um die infizierten Schüler
Zahlen sorgen für Ärger.
Stecken sich Kinder in der Schule an? Darüber lässt sich streiten. Die Hamburger Schulbehörde sagt, der überwiegende Teil der Infektionen kann nicht den Schulöffnungen zugeschrieben werden. Die Linke sieht das anders – und wünscht sich mehr Transparenz. Die MOPO zeigt, welche Zahlen zu Tests, Infektionen und Quarantäne bekannt sind und wie es jetzt weitergeht.
Seit Einführung der Schnelltests vor fünf Wochen sind an Hamburgs staatlichen Schulen über eine Million Tests durchgeführt worden. Davon rund 79 Prozent bei Schülerinnen und Schülern sowie rund 21 Prozent bei Schulbeschäftigten – insgesamt 0,11 Prozent davon fielen positiv aus.
„Die Tests schaffen erheblich mehr Sicherheit. Indem wir mögliche Infizierte frühzeitig erkennen, verhindern wir viele Übertragungen in den Schulen“, sagt Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Doch wie viele Infektionen gibt es pro Schule? Einige Zahlen finden sich in einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der schulpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Boeddinghaus. Erfasst wurden sie innerhalb eines Zeitraums von zehn Tagen im April. Daraus ergibt sich, dass an Schulen zum Großteil nur Einzelfälle pro Jahrgang auftreten. Nicht im zeitlichen Verlauf erfasst werden könnten Quarantänemaßnahmen. Diese würden grundsätzlich von den zuständigen Gesundheitsämtern verhängt und im Einzelfall verlängert oder verkürzt.
Daher gibt es nur eine Momentaufnahme über drei Tage im
April (16.18.). In diesem Zeitraum wurden der Schulbehörde für 327 Personen Quarantänemaßnahmen gemeldet. Darunter 308 Schülerinnen und Schüler, 15 Lehrkräfte und vier Personen sonstigen pädagogischen Personals.
Kritik an den Erklärungen der Schulbehörde kommt aus der Linksfraktion. „Die Schulbehörde versteift sich auf ihre Ansicht, dass die seit Wochen extrem hohen Infektionen unter Kindern und Jugendlichen nicht auf die Schulöffnungen zurückzuführen sind“, sagt Boeddinghaus. Dabei liefere sie kaum vergleichbare Werte und zeige nur Ausschnitte der Lage an den Schulen. „Insgesamt stehen die beiden Aprilwochen in keinem verstehbar logischen Zusammenhang. Ich würde mir wünschen, dass die Behörde hier mehr Transparenz schafft.“Schulschließungen befürwortet Boeddinghaus nicht, aber es sollte „wenigstens konsequent jeden Tag vor der Schule ein Test gemacht werden und wenn von Eltern gewünscht, auch gerne zu Hause“.
Denn eine Rückkehr zur Präsenzpflicht wird es laut Schulbehörde in diesem Jahr voraussichtlich nicht mehr geben. Zurzeit haben bestimmte Jahrgänge einen Wechselunterricht in halbierten Klassen: Vorschulen, Grundschulen von Klasse 1 bis 4, die Klassen 6, 10 und 12 der Gymnasien sowie die Klassen 9, 10 und 13 der Stadtteilschulen und die Abschlussklassen der Berufsschulen.
Alle anderen Klassenstufen lernen seit Dezember zu Hause. Dafür hatte es in den vergangenen Wochen mehrfach Kritik gegeben. „Als Schulsenator kann ich den Wunsch nach einer Schulöffnung für weitere Klassen allzu gut verste hen“, sagte Rabe.
Eine Öffnung soll „in jedem Fall dann möglich sein, wenn die Inzidenzzahlen stabil auf einem niedrigen Niveau von unter 100 liegen.“Ob darüber hinaus einzelne Klassenstufen auch bei höheren Inzidenzwerten wieder in die Schule gehen können, werde derzeit geprüft. Vorrangig geht es dabei um die Klassenstufen 5 und 6.
„Der Bund hat das Einkaufen
und die Ausgangssperren gelockert, aber gleichzeitig die Schwelle für Schulschließungen verschärft“, sagt Rabe zur MOPO. Deutschland agiere mit einer unangemessenen Härte gegen Schüler, Eltern und Familien. Die Art, wie mit den Schulen umgegangen wird, hält er für „überhaupt nicht mehr nachvollziehbar“.