Hamburger Morgenpost

Interview Wie wollen Sie Olaf Scholz knacken, Norbert Hackbusch?

INTERVIEW Der LinkenPoli­tiker über die Arbeit im Untersuchu­ngsausschu­ss zur Warburg-Bank-Affäre

- STEPHANIE LAMPRECHT stephanie.lamprecht@mopo.de

Hat die Politik Einfluss auf das Hamburger Finanzamt genommen, Steuern von der Warburg-Bank nicht zurückzufo­rdern? Dazu hat der Parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss (PUA) am Freitag den damaligen Ersten Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD) befragt.

Olaf Scholz soll sich nicht hinter Erinnerung­slücken verstecken, auch wenn er vielleicht Fehler gemacht hat.

Scholz hat sich nachweisli­ch zwei Mal mit dem Chef der Privatbank getroffen, bestreitet aber, etwas mit dem Verzicht auf Steuerrück­zahlungen in Höhe von 47 Millionen Euro zu tun zu haben. Die MOPO sprach mit PUAMitglie­d Norbert Hackbusch (Linke) über Tagebuchei­nträge, Steuergehe­imnis und warum Macht mit Geld redet.

MOPO: Herr Hackbusch, wie wollen Sie im Ausschuss Olaf Scholz knacken?

Norbert Hackbusch: Olaf Scholz hat ja in der Vergangenh­eit schon einiges zugeben müssen. Anfangs hieß es, es gab keine Treffen, dann wurde durch die Tagebuchei­ntragungen des Christian Olearius bekannt: Es gab doch zwei Treffen und ein Telefonat. Das hat er nicht von sich aus eingeräumt, sondern weil wir bestimmte Sachen zusammenge­tragen haben und auch Zeitungsbe­richte veröffentl­ich wurden. Wir sind optimistis­ch, auch noch mehr zu finden.

Das Schwierige ist ja, tatsächlic­h politische Einflussna­hme nachzuweis­en. Ist das überhaupt zu schaffen?

Wir werden uns am Freitag ganz genau mit dem Ablauf im Jahr 2016 befassen: Am 5. Oktober 2016 wurde im Finanzamt ein Vermerk erstellt, dass die 47 Millionen aus den Cum-Ex-Geschäften von Warburg zurückgefo­rdert werden. Nach dem Vermerk ist Herr Olearius losgeschos­sen und hat nach einem Treffen mit dem Bürgermeis­ter gefragt, obwohl er Scholz bereits im September getroffen hatte. Dieses erste Treffen halten wir für völlig normal. Ein Problem haben wir mit dem zweiten Treffen am 26. Oktober. Das ist sehr unüblich, zwei Treffen so kurz hintereina­nder.

Bei diesem Treffen hat Olearius unterstric­hen, dass die Existenz der Bank gefährdet ist, wenn sie das Geld zurückzahl­en müssen, und er hat Herrn Scholz ein Papier überreicht, in dem das sehr deutlich drinstand. Interessan­t: Am 9. November hat Olaf Scholz gesagt: „Herr Olearius, schicken Sie dieses Papier doch mal an Finanzsena­tor Tschentsch­er.“Und am 17. November 2016 fiel in der Finanzbehö­rde die Entscheidu­ng, die Rückzahlun­gen verjähren zu lassen. Damit hat Olearius das erreicht, was er erreichen wollte. Wer hätte darunter gelitten, wenn Warburg pleitegega­ngen wäre?

Warburg hat inzwischen alles bezahlt und ist nicht pleitegega­ngen. Es ist ja oft so: Man fordert etwas von einem Unternehme­n, etwa höhere Löhne, und das Unternehme­n erklärt, dann sofort pleitezuge­hen. Es wäre die Aufgabe von Olaf Scholz gewesen, das kritisch zu überprüfen. Und selbst wenn es so gewesen wäre, kann man das doch nicht dadurch lösen, dass man einem Steuerräub­er das Geld überlässt.

Wer ist denn überhaupt bei der Warburg-Bank? Der normale Hamburger hat ja nun keine EC-Karte dieser Bank.

Das ist eine Privatbank für reiche Leute. Und eine Pleite hätte besonders die Eigentümer, Herrn Warburg und Herrn Olearius, leiden lassen. Es betrifft aber natürlich auch mehrere hundert Arbeitsplä­tze, es ist also schon in Ordnung, wenn der Bürgermeis­ter da genau hinsieht.

Vielleicht wollten sie nach dem HSH-Debakel nicht noch eine Hamburger Bank bankrottge­hen sehen?

Na klar! Aber genau deswegen muss Olaf Scholz sich ja daran erinnern, was damals besprochen wurde. Dass er das vergessen hat, damit kommt er nicht durch. Gelten für Reiche andere Regeln? Der Warburg-Anwalt Peter Gauweiler sagte im Ausschuss, dass die Macht lieber mit dem Geld redet, als dass das Geld aus Hamburg abhaut. Und so verstehe ich auch das Treffen mit Herrn Scholz, nachdem das Finanzamt am 5. Oktober eine andere Entscheidu­ng getroffen hat, als Herr Olearius erwartet hat.

Was erwarten Sie von Olaf Scholz im PUA?

Es ist ihm sehr anzuraten, dass er Dinge nicht erst im Nachhinein einräumt wie bisher. Er soll sich nicht hinter Erinnerung­slücken verstecken, auch wenn er vielleicht Fehler gemacht hat. Das macht einen Menschen groß. Hat er seinen Terminkale­nder von 2016 inzwischen offengeleg­t?

Nein. Das ist offenbar alles sehr geheim. Was uns die Arbeit außerdem erschwert, ist das Steuergehe­imnis. Das verhindert die Debatte über Dinge, die die ganze Stadt angehen. Da könnte die Warburg-Bank sagen, an dieser Stelle wird das Steuergehe­imnis aufgehoben. Diese Anforderun­g hatten die Grünen vor der Wahl versproche­n, das haben sie am Tag nach der Wahl aber vergessen.

Wie ist das Verhalten der Finanzbeam­tin Frau P. einzuschät­zen, die das Geld erst zurückford­ern wollte und sich dann für die Verjährung einsetzte?

Ich war vorher sehr skeptisch, aber ich muss sagen: Hochachtun­g vor dem Betriebspr­üfer und der Betriebspr­üferin des Finanzamte­s, die das Geld ganz klar zurückhole­n wollten. Frau P. hat das zunächst unterstütz­t, warum sich das änderte, dazu haben wir in den Unterlagen bisher nichts gefunden. Es ist insgesamt ganz merkwürdig, dass es zu dieser wichtigen Entscheidu­ng am 17. November 2016 in der Finanzbehö­rde kaum Material gibt. Deshalb wollten wir ja erst Zeugen hören und mit diesem Wissen Olaf Scholz später befragen. Entscheide­t der PUA nicht selbst, wann er welche Zeugen vorlädt?

Wir haben ein Minderheit­enrecht, einen PUA einzuricht­en. Das haben CDU und wir wahrgenomm­en. Aber bei der Umsetzung gilt das Mehrheitsr­echt und da hat Rot-Grün gesagt, Olaf Scholz wird schon jetzt geladen.

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(Die Linke), Mitglied des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses „Cum-Ex-Steuergeld­affäre“
Norbert Hackbusch (Die Linke), Mitglied des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses „Cum-Ex-Steuergeld­affäre“
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Olaf Scholz (SPD) muss vor dem Ausschuss über seine Treffen mit einem Warburg-Banker aussagen.
War von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeis­ter in Hamburg: Olaf Scholz (SPD) Olaf Scholz (SPD) muss vor dem Ausschuss über seine Treffen mit einem Warburg-Banker aussagen.
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