Klimaschutz: mangelhaft!
VERFASSUNGSGERICHT Richter entschieden: Bund muss nachbessern – Klage kam aus dem Norden
KARLSRUHE/PELLWORM – Wenn Sophie Backsen (22) aus dem Fenster schaut, sieht sie plattes Land und einen Deich, acht Meter hoch. Dieser grüne Wall ist eines Tages vielleicht ihre Lebensversicherung. Sophie Backsen lebt auf der Insel Pellworm. Weil ihr die Klimaschutzgesetze in Deutschland nicht weit genug gehen, hat die Studentin mit acht anderen jungen Menschen beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht – mit Erfolg.
„Der steigende Meeresspiegel wird Pellworm irgendwann bedrohen. Man kann den Deich ja nicht un
endlich höher bauen“, so die Agrar-Studentin zur MOPO. Mit ihren drei Brüdern (16-21), zwei Landwirten aus dem Alten Land, Klimaaktivistin Luisa Neubauer sowie zwei weiteren jungen Leuten hatte sie deshalb geklagt, unterstützt von Greenpeace und weiteren Organisationen.
Die Richter urteilten am Donnerstag: Das Bundes-Klimaschutzgesetz greift in der Tat zu kurz, die jungen Beschwerdeführer seien durch Regelungen in dem Gesetz in ihren Freiheitsrechten verletzt: „Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030“, hieß es. Wenn das CO2-Budget schon bis zum Jahr 2030 umfangreich verbraucht werde, verschärfe dies das Risiko „schwerwiegender Freiheitseinbußen“, weil die Zeitspanne für technische und soziale Entwicklungen knapper werde. Der Gesetzgeber muss nachbessern, forderte das Gericht.
Sophie Backsen klingt am Telefon zufrieden. „Ich bin sehr glücklich über die Entscheidung“, sagt sie. Wirksamer Klimaschutz müsse jetzt umsetzt werden und nicht erst in zehn Jahren. Mit ihrer erfolgreichen Klage haben Sophie Backsen und ihre Geschwister nun dafür gesorgt, dass ihr Hof eine Zukunft haben kann. Und sie kündigt an: „Wir machen so lange weiter, bis wir vernünftige Klimaschutzgesetze haben.“