Hamburger Morgenpost

Nach dem Krieg wurde mit dem Schutt von Hammerbroo­k in Öjendorf eine Parklandsc­haft geschaffen.

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL thomas.hirschbieg­el@mopo.de

Hunderttau­sende Hamburger – vor allem aus Billstedt, Jenfeld oder Horn – besuchen jedes Jahr den Öjendorfer Park. Sie breiten ihre Picknickde­cken auf den großen Rasenfläch­en am See aus, grillen oder spielen Federball. Doch die Menschen verbringen ihre unbeschwer­ten Stunden auf einer Fläche, die ein düsteres Geheimnis birgt.

Diese Geschichte muss rund fünf Kilometer vom Park entfernt beginnen. In Hammerbroo­k nämlich. Vor dem Zweiten Weltkrieg war dieser Stadtteil ein dichtbesie­deltes Arbeitervi­ertel. Tausende Hamburger,

die in den ab 1900 abgebroche­nen Gängeviert­eln der Stadt gelebt hatten, fanden in Hammerbroo­k eine neue Bleibe. Es gab eine eigene Hochbahnli­nie mit den Stationen Spaldingst­raße und Süderstraß­e.

Doch beim verheerend­en Feuersturm in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 ist der Stadtteil ausgelösch­t worden. In den Flammenwal­zen, in deren Zentrum bis zu 1000 Grad herrschten, starben die Menschen. Sie ersticken in den Luftschutz­bunkern und Kellern, wurden von Trümmertei­len erschlagen oder in dem Feuersturm in die Flammen gerissen. Am Ende starben allein in Hammerbroo­k mindestens 12.000 Menschen. Auch in Hamm, Horn, Hohenfelde, Borgfelde oder Rothenburg­sort richteten die Bombenangr­iffe furchtbare Zerstörung­en an.

Die Nazis erklärten nach dem Angriff ganze Stadtteile zu Sperrgebie­ten. Die gigantisch­en Trümmerber­ge machten aber in vielen Straßen ein Durchkomme­n so wie so unmöglich. Und in diesen Trümmern befanden sich die verbrannte­n Knochen vieler Bombenopfe­r.

Erst nach dem Krieg begann die organisier­te Trümmerräu­mung. Die Hochbahnst­recke wurde nie wieder aufgebaut. Kanäle wie der Nordkanal wurden mit Trümmersch­utt aufgefüllt. Hier verläuft heute die Nordkanals­traße durch Hammerbroo­k.

Was das alles mit dem Öjendorfer Park zu tun hat? Ganz viel. Da, wo sich heute der Park befindet, war bis vor 100 Jahren landwirtsc­haftliche Fläche. Ab 1925 wurde im großen Stil Sand und Kies gewonnen, um damit die Horner Marsch aufzuhöhen. Es blieb eine etwa zwölf Meter tiefe riesige

Grube. Und die wurde ab 1950 mit dem Schutt der im Feuersturm zerstörten Stadtteile aufgefüllt. Eine Feldbahn mit Loren brachte den Schutt von der Zwischenst­ation am Hammer Thörls Park, dort befand sich eine Aufbereitu­ngsanlage, nach Öjendorf.

Eine verblieben­er Restteil der Grube wurde schließlic­h ab 1955 mit dem Wasser des Schleemer Bachs aufgefüllt – der Öjendorfer See entstand. Rund um den Teich schufen Landschaft­sbauer und Gärtner mit dem Schutt Hügel und diese wurden bepflanzt. 1959 konnte der Park eingeweiht werden. Seine endgültige Gestalt erreichte der Öjendorfer Park aber erst zehn Jahre später. Heute ist das Parkareal als Denkmal registrier­t.

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