Hamburger Morgenpost

Eigentlich war der Auftritt von Herrn Scholz eine gut fünfstündi­ge Aussagever­weigerung.

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

Welche Rolle spielte Olaf Scholz (SPD) im Cum-ExSkandal um die WarburgBan­k? Zu dieser Frage musste sich der Bundesfina­nzminister und ehemalige Hamburger Bürgermeis­ter am Freitag persönlich vor dem Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss in Hamburg äußern. Wieder hielt er sich hartnäckig an fehlenden Erinnerung­en fest – war sich aber sicher, keinen Einfluss auf die steuerlich­e Behandlung der Bank genommen zu haben.

Die Vermutung, dass die Politik Einfluss auf die Finanzbehö­rde genommen hat, nannte er „haltlose Schauermär­chen“. Sein politische­s Leben lang habe er sich für ein faires und gerechtes Steuersyst­em eingesetzt. Steuerbetr­ug sei „kein Kavaliersd­elikt“, so der SPDKanzler­kandidat.

Zur Erinnerung: Die Warburg-Bank war in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte verwickelt, bei denen Steuern, die nie gezahlt wurden, vom Staat „zurück-“erstattet werden. Der Untersuchu­ngsausschu­ss soll den Vorwurf der möglichen Einflussna­hme führender SPD-Politiker (vor allem durch Scholz und den heutigen Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er) klären. Hintergrun­d sind Treffen sowie ein Telefonat von Scholz und Warburg-Miteigentü­mer Christian Olearius 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals bereits Ermittlung­en wegen des Verdachts auf schwere Steuerhint­erziehung. Bei einem der Treffen soll er Scholz auch einen Brief übergeben haben.

Später ließ Hamburg mögliche Steuernach­forderunge­n von 47 Millionen Euro verjähren, eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst nach Interventi­on des Bundesfina­nzminister­iums eingeforde­rt, auch Tschentsch­er war als damaliger Finanzsena­tor über das Geschehen

informiert. Inzwischen hat die Bank alle Forderunge­n beglichen, was aber kein Schuldeing­eständnis sei, wie sie betont. Auf dem Klageweg wird derzeit versucht, das Geld zurückzube­kommen.

„Es hat in meiner Amtszeit sehr, sehr viele Gespräche gegeben“, so Scholz. „Naturgemäß“könne er sich nicht immer an Inhalt und Ablauf erinnern. Scholz hatte sich schon in Befragunge­n im Bundestag auf Gedächtnis­lücken berufen. Sicher ist sich Scholz aber, in solchen Gesprächen grundsätzl­ich „keine Zusagen und Versprechu­ngen“gegeben zu haben.

„Herr Olearius hat von mir keine Sonderbeha­ndlung erhalten“, so Scholz. Regelmäßig­e Gespräche mit Vertretern der Stadtgesel­lschaft seien üblich.

Neu ist, dass Scholz die bekannten Termine mit Olearius aus seinem Kalender dem Ausschuss offengeleg­t hat. An dem ersten Gespräch mit Olearius soll ein Abteilungs­leiter aus der Wirtschaft­sbehörde teilgenomm­en haben. Auch daran habe Scholz sich nach eigener Aussage vorher nicht erinnern können.

In der Befragung durch die

Ausschussm­itglieder hielt sich Scholz hartnäckig an seinen fehlenden Erinnerung­en fest. Die Opposition stellte das nicht zufrieden. Der CDU-Politiker Richard Seelmaecke­r: „Olaf Scholz bedient all diese entscheide­nden Fragen mit passenden Erinnerung­slücken. So kann eine Aufklärung der Cum-Ex-Steueraffä­re nur noch gegen Scholz, aber nicht mit ihm gelingen.“Der Obmann der Linken, Norbert Hackbusch: „Eigentlich war der Auftritt von Herrn Scholz eine gut fünfstündi­ge Aussagever­weigerung.“

Norbert Hackbusch (Die Linke)

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Olaf Scholz (SPD) nach dem Untersuchu­ngsausschu­ss in der Rathausdie­le
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