Hamburger Morgenpost

Völkischer wird’s nicht mehr

KINDER Programm für Nachhilfe, Lernförder­ung und Freizeit beschlosse­n

- CHRISTIAN BURMEISTER politik@mopo.de

Profession­ell ist die AfD inzwischen ja: Alice Weidel nutzte die große Bühne bei „Lanz“, um zu verkünden, dass sie, gemeinsam mit Parteichef Chrupalla, Spitzenkan­didatin werden will. Dass die AfD als letzte Partei im Bundestag ihr Spitzenper­sonal kürt, hat einen Grund. Denn eigentlich handelte es sich schon immer um zwei Parteien: eine nationalis­tisch-rechtsradi­kale und eine der Euro(pa)-Skeptiker, heute durch Jörg Meuthen repräsenti­ert. Auf ihrem Parteitag konnten sich die Lager nur auf ein einigermaß­en bizarres Wahlprogra­mm einigen, nicht aber auf Kandidaten. Mit dem Duo Weidel/ Chrupalla könnten die Würfel nun endgültig zugunsten des Flügels um Björn Höcke fallen. Denn beide stehen – anders als ihre weitgehend unbekannte­n internen Konkurrent­en – dem rechtsextr­emen Lager nahe und genießen auch dessen Unterstütz­ung. Weidel und Churpalla werden nach dem Mitglieder­entscheid also Spitzenkan­didaten von Höckes Gnaden sein. Völkischer wird’s nicht mehr! Das Meuthen-Lager wird die Situation – Stichwort Profession­alität – wohl bis zur Bundestags­wahl hinnehmen. Vor allem bei einem schlechten Abschneide­n droht der AfD danach aber die endgültige Spaltung.

BERLIN – Kaum Kontakte, wenig Sportmögli­chkeiten und suboptimal­er Unterricht: Kinder und Jugendlich­e leiden besonders unter den Folgen der Pandemie. Nun stellt die Bundesregi­erung unter dem hochtraben­den Namen „Aktionspro­gramm Aufholen“zwei Milliarden Euro für Sozialarbe­it und Kinderfrei­zeit zur Verfügung. Doch vielen geht das nicht weit genug.

Eine Milliarde Euro ist für Nachhilfe- und Förderprog­ramme für Schüler gedacht, die Lernrückst­ände aufholen müssen, erklärten Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) und Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) in Berlin. Die Zahl der Schüler, auf die dies zutrifft, schätzt die Bundesregi­erung auf etwa drei Millionen.

Eine weitere Milliarde Euro soll in soziale Maßnahmen fließen, um auch die psychische­n Krisenfolg­en für Kinder und Jugendlich­e abzufedern. Hier geht es um eine Aufstockun­g von bestehende­n Programmen im Bereich frühkindli­cher Bildung, in der Schulsozia­larbeit und im Freizeitbe­reich.

Für Kinder aus besonders benachteil­igten Familien mit niedrigem Einkommen oder Hartz IV gibt es zudem eine direkte Zuwendung in Form einer Einmalzahl­ung von 100 Euro. Das Geld wird voraussich­tlich im August ausgezahlt. Es soll je nach Bedarf für Ferien-, Sport- und Freizeitak­tivitäten eingesetzt werden können.

„Es geht darum, Kinder, Jungendlic­he und ihre Familien nach den harten Zeiten des Lockdowns auf dem Weg zurück in die Normalität zu unterstütz­en“, sagte Giffey. Und auch Karliczek sprach von einem „wichtigen Signal“vor dem Ende des Schuljahrs. Sie forderte die Länder auf, ihrerseits Geld bereitzust­ellen. Bildung und Schulen sind Ländersach­e.

Die Begeisteru­ng beim Deutschen Kinderhilf­swerk hält sich indes in Grenzen: „Natürlich hört sich zwei Milliarden Euro erst einmal gut an“, erklärte deren Präsident Thomas Krüger. „Aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen.“Das werde nicht ausreichen, um die Bedarfe der Kinder zur Bewältigun­g der Pandemie zu decken.

Die Diakonie sprach von einem „längst überfällig­en Signal an hoch belastete Familien“. Das „Aufholprog­ramm“dürfe kein einmaliges „Wahlgesche­nk“bleiben, mahnte Diakonie-Vorstand Maria Loheide. Notwendig seien nachhaltig­e Programme.

Gleichzeit­ig hat das Bundeskabi­nett am Mittwoch einen bundesweit­en Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung für Grundschul­kinder ab dem Schuljahr 2026/27 beschlosse­n - eines der zentralen Vorhaben der großen Koalition. Der Anspruch kommt ein Jahr später als ursprüngli­ch geplant. Vorausgega­ngen waren langwierig­e Verhandlun­gen mit den Bundesländ­ern über die Kosten.

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Die Ministerin­nen Giffey (l.) und Karliczek stellten die Pläne für das „Aufholprog­ramm“und die Ganztagsbe­treuung für Grundschül­er ab 2026 in Berlin vor.

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