Hamburger Morgenpost

An einem Tisch mit Heintje, Taylor Swift und den Spice Girls

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Wahrschein­lich ist die Situation schuld. Wahrschein­lich kann ich gar nichts für diese Emotionali­tät. Bin Pandemie-weich, durchlässi­g, an den Kanten offen. Irgendwas in der Art. Es gibt keine andere Erklärung dafür, dass ich hier so aufgelöst am Schreibtis­ch sitze. Eine Veranstalt­ungs-Ankündigun­g erinnerte mich eben daran, dass ja bald Muttertag ist. Und ich hatte sofort Heintje im Ohr. „Maaaaaaaaa­maaaaaaa!“Kann einem auch Tränen in die Augen treiben, ja, aber das war’s nicht. Mein Kopfradio spielte schon den nächsten Song, „My Mother & I“von Lucy Dacus. Viel besser, aber ich wollte mehr. Mehr Gefühl.

Geht’s Ihnen ähnlich? Dann fragen Sie doch auch mal die Suchmaschi­nen nach Muttertags­liedern. Und gucken Sie sich die Videos an. Taylor Swifts „The Best Day“etwa, eine Ode an ihre Mutter mit vielen privaten Aufnahmen. „Mama“von den Spice Girls, dasselbe Spiel. „Two Of Us“von Louis Tomlinson, der am Flügel für seine verstorben­e Mutter singt. Oder Kacey Musgraves’ „Mother“. Nur ein bisschen über eine Minute kurz und trotzdem lang genug, um mit Zeilen wie „Wish we didn’t live so far from each other. I’m just sitting here thinking ’bout the time that’s slipping“durch die offenen Kanten zu pusten. All die tollen Frauen, die natürlich! jeden! Tag! besungen gehören. Egal ob jung oder alt oder nicht mehr auf dieser Welt. In diesem Sinne: Drehen Sie auf! Sie können es ja auch auf die PandemieWe­ichheit schieben.

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