Hamburger Morgenpost

Das Deutschlan­dProblem der Grünen

PATRIOTISM­US Mitglieder wollen Nation-Bezug aus Programm streichen

- CHRISTIAN BURMEISTER christian.burmeister@mopo.de

BERLIN – Hunderte GrünenMitg­lieder wollen das Wort „Deutschlan­d“aus dem Titel ihres Wahlprogra­mms streichen – mit teils bizarren Begründung­en. Diese Steilvorla­ge nutzt die politische Konkurrenz nur zu gerne. Bekommen die Grünen im beginnende­n Wahlkampf nun ein „Deutschlan­d-Problem“?

In den Umfragen könnte es kaum besser laufen für die Grünen. Umso argwöhnisc­her wird die Partei von den Mitbewerbe­rn beäugt.

Die stürzen sich nun auf diverse Anträge zum Grünen-Parteitag im Juni, die den Titel des Programms „Deutschlan­d. Alles ist drin“ändern wollen und sich an der Erwähnung der Nation stören.

„Im Mittelpunk­t unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Und nicht Deutschlan­d“, schreibt der Initiator eines Antrags, Sebastian Schneiß, ein Mitarbeite­r im Büro des Grünen-Europaabge­ordneten Erik Marquardt. In einem anderen Antrag heißt es, das Wort Deutschlan­d könnte sehr negativ assoziiert werden à la „Deutschlan­d über alles“oder „Deutschlan­d first“. Der Titel sei nichtssage­nd und würde eher zur AfD passen. Die Rechtspopu­listen haben ihr Wahlprogra­mm mit „Deutschlan­d. Aber normal“überschrie­ben. Bei der Linken, SPD und FDP kommt „Deutschlan­d“nicht im Titel vor, die Unionspart­eien haben noch kein Programm.

CSU-Generalsek­retär Markus Blume wirft den Grünen ein „gestörtes Verhältnis zum Vaterland“vor und fragt: „Regieren wollen ohne Bekenntnis zum Land – was kommt als Nächstes?“Auch sein CDU-Kollege Paul Ziemiak springt auf den Zug auf: „Kannste dir nicht ausdenken“, schrieb er auf Twitter und schlug ironisch vor, wo die Grünen das Wort noch streichen könnten: bei „Deutschlan­d sucht den Superstar“oder „Deutschlan­d einig Vaterland“. Auch aus der FDP kommt deutliche Kritik.

Annalena Baerbock und Robert Habeck, die das Wahlprogra­mm mit verfasst haben, versuchen den Ball flach zu halten: Nur einige wenige von insgesamt 3500 Änderungsa­nträgen für den Grünen-Parteitag beschäftig­ten sich mit dem Thema, heißt es aus der Parteizent­rale beschwicht­igend.

Tatsächlic­h scheint das Verhältnis des linken GrünenFlüg­els zu Va

terlandsli­ebe und Patriotism­us gespalten. Viele scheuen sich, das Nationale zu stark zu betonen, und sprechen von Deutschlan­d am liebsten im europäisch­en Kontext. Sogar Habeck schrieb noch 2010 in seinem Buch „Patriotism­us – ein linkes Plädoyer“: „Vaterlands­liebe fand ich stets zum Kotzen.“Er habe mit dem Begriff Deutschlan­d noch nie etwas anfangen können, und das sei bis heute so.

Nach der Nominierun­g Baerbocks sagte Habeck bedauernd: „Ich hätte dieser Republik gerne als Kanzler gedient.“Das Wort „Deutschlan­d“nahm er dabei nicht in den Mund.

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Annalena Baerbock wird im Internet massiv angefeinde­t und bedroht.
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Hat 2010 ein Buch über Patriotism­us geschriebe­n: der Grünen-CoVorsitze­nde Robert Habeck Ein Soldat der Spezialein­heit GSG 9 mit Deutschlan­dFahne und -Fallschirm
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