Hamburger Morgenpost

Präsentier­t von ankerherz.de

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Irgendwann während der Corona-Monate stieß ich auf die TV-Serie „Hornblower“. Sie spielt während der Zeit Napoleons und zeigt den Weg eines Seeoffizie­rs namens Horatio Hornblower zum Admiral. Viel Säbelklirr­en, jede Menge Kanonengeb­öller und die Rollen sind übersichtl­ich verteilt: die gute Royal Navy gegen den bösen Rest der Welt. Vor allem Franzosen, an Bord bevorzugt „Froschfres­ser“genannt, sind hinterlist­ig und schrecken vor nichts zurück.

Ich habe die Serie nicht zu Ende gesehen, mich aber in dieser Woche an nationalis­tischen Stumpfsinn erinnert. Was sich die Regierunge­n von England, Frankreich und der Inselverwa­ltung leisteten, erinnert an das Drehbuch von Hornblower, anno 1811. In der Realität des Mai 2021 wirkt dies vor allem: peinlich.

Es geht um Fischereir­echte, es geht um den Brexit, es geht um alte Ressentime­nts. Jersey verwaltet sich selbst, steht aber unter dem Schutz der Krone und liegt in der Bucht von St. Malo. Ein wirklich schönes Stück Land im Meer, mit steilen Klippen, britischen Pubs und französisc­her Küche. Weniger schön ist der Umstand, dass die Asozialen der internatio­nalen Finanzwelt hier dank ihrer Briefkäste­n viele Milliarden Steuern sparen, doch das ist ein anderes Thema. Zum Streit kam es, als die Inselverwa­ltung Dutzenden französisc­hen Fischern Fanglizenz­en verweigert­e. Die Franzosen, die seit Jahrhunder­ten die Netze in den Gewässern um Jersey auswerfen, waren entspreche­nd bedient. Die Fischereim­inisterin drohte sogar damit, der Insel als letztes Druckmitte­l den Strom zu kappen. Knapp 50 Trawler machten sich auf, um die Hafeneinfa­hrt von Saint Helier zu blockieren. Die Fischer entrollten auf See Transparen­te und entzündete­n Bengalos.

Was Englands Premiermin­ister Boris Johnson kurz vor einer wichtigen Regionalwa­hl zum Anlass nahm, zwei Kanonenboo­te zu entsenden. Es handele sich um eine „rein präventive Maßnahme“, wie es aus Downing Street 10 hieß. Ernsthaft: England schickte Kanonenboo­te Richtung

Frankreich, im Mai 2021. Worauf die Regierung in Paris ebenfalls zwei Patrouille­nschiffe nach Jersey beorderte. Großbritan­niens Boulevardp­resse rief schon den „Fischkrieg“aus. Während ich die Kolumne schreibe, hat sich die Lage wieder beruhigt. Die Kutter sind zurück im Hafen, die Kriegsschi­ffe auf Heimatkurs. Vielleicht haben sich die Politiker in London, Paris und Saint Helier darüber erschreckt, wie schnell Dinge eskalieren können. In jedem Fall zeigt der Fall eines: Wie wichtig die Europäisch­e Union ist, aus der die AfD laut des gefährlich­en Unfugs, den sie „Wahlkampfp­rogramm“nennt, austreten möchte. Manche bösen Geister leben heute versteckt. Doch sie leben immer noch.

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