Wenn es dem Körper an Eisen fehlt
EXPERTENINTERVIEW Unterversorgung gehört zu den häufigsten Mangelerkrankungen
Die Eisen-Expertin, Frau Dr. med. Doerthe Nicolas, Ärztin für ganzheitliche Medizin, berät Patienten gezielt zu Eisenmangeltherapien. Sie erklärt, worauf man auch als Patient achten sollte, wenn es um die Erkennung und Vermeidung eines Eisenmangels geht.
MOPO: Welche Risikogruppen für einen Eisenmangel gibt es?
Dr. Doerthe Nicolas: Da das meiste Eisen im Blut enthalten ist, verliert es der Körper mit jeder Blutung. Frauen mit regelmäßiger und starker Monatsblutung haben deshalb auch einen höheren Eisenbedarf als gleichaltrige Männer und erleiden häufiger einen Mangel. Heranwachsende müssen in Wachstumsphasen viel neues Blut bilden, was ebenfalls viel Eisen benötigt. Andere Umstände können die Aufnahme des zugeführten Eisens beeinträchtigen. Dazu zählen etwa Erkrankungen des Darms und der Schilddrüse. Bestimmte Ernährungsformen wie Vegetarismus und Veganismus können auch dazu führen, dass zu wenig Eisen aufgenommen wird. Rotes Fleisch ist der beste Lieferant für das Spurenelement, weil pflanzliches Eisen wesentlich schlechter vom Körper verarbeitet werden kann.
Ist es notwendig oder sinnvoll, regelmäßig seinen Eisenstand testen zu lassen?
Normalerweise sollte ein Eisentest dann gemacht werden, wenn bei Routine- oder Vorsorgeuntersuchungen bestimmte Werte auffällig niedrig liegen oder bestimmte Symptome den Verdacht auf einen Eisenmangel nahelegen. Klassischerweise macht man dazu ein kleines Blutbild und überprüft den Hämoglobin-Wert. Ist dieser niedrig, deutet es auf eine ausgeprägte EisenmangelBlutarmut hin. Ein Eisenmangel zeigt sich jedoch nicht nur in einer Blutarmut, weshalb zusätzlich auch der Ferritin-Wert erhoben werden sollte. Erwarten Patienten Zusatzkosten bei der Bestimmung?
Der Ferritin-Wert ist nicht standardmäßig im kleinen Blutbild enthalten, aber unverzichtbar für eine frühzeitige Bestimmung, ob die Eisenspeicher des Körpers sich leeren. Die Krankenkasse übernimmt die Ferritinmessung
allerdings nicht, weshalb der Patient die Kosten von ca. 16 Euro selber tragen muss.
Gibt es etwas rund um die Blutabnahme, das man beachten muss? In aller Regel verläuft eine Blutabnahme völlig problemlos. Ist man dennoch nervös oder weiß, dass man mit Blutabnahmen Probleme hat, sollte man das dem Praxisteam im Vorfeld mitteilen. Dieses kann dann Maßnahmen ergreifen, um dem Patienten den Vorgang so angenehm wie möglich zu gestalten. Manchen hilft es zum Beispiel, sich hinzulegen oder einen kleinen Ball zu drücken. Man kann selbst auch dazu beitragen, dass die Blutabnahme schneller und einfacher abläuft. Trinkt
man vor der Entnahme etwas Wasser, verbessert das die Venenfüllung für die Abnahme. Bei „schlechten Venen“kann man vorher eine Wärmflasche auf die Stelle legen, an der die Abnahme
erfolgen soll. Nach der Abnahme sollte man es zunächst ruhig angehen und nicht zu schnell aufstehen. Das schont den Kreislauf.
Woran erkennt man den eigenen Eisenbedarf?
Dass der eigene Bedarf nicht ausreichend gedeckt ist, bemerkt man, wenn mögliche Symptome eines Eisenmangels auftreten, unter anderem Müdigkeit, Kopfschmerzen, verminderte (sportliche) Leistungsfähigkeit und auch psychische Probleme wie Angst und Depression. Für die Diagnose untersucht der Arzt das Blutbild, den Ferritin- und den CRP-Wert (Entzündungswert). Auf dieser Grundlage leitet er eine
angemessene Therapie ein, um die Eisenspeicher wieder zu füllen, bis die Symptome auskuriert und verschwunden sind. Ist das erreicht und man fühlt sich wieder gesund, sollte erneut der Ferritin-Wert ermittelt werden. Dieser kann dann als individueller Wohlfühlwert bei künftigen Überprüfungen gelten.
Können Hausmittel gegen Eisenmangel helfen?
Leider halte ich von Hausmitteln gegen Eisenmangel nicht viel. Diese sind meist Tropfen auf dem heißen Stein und reichen bei einem Eisenmangel nicht aus, um das Defizit auszugleichen. In manchen Fällen sind Hausmittel wie z. B. Kräuterblut allerdings geeignet, um einen Beitrag zur Vorsorge zu leisten.
Viele Menschen möchten weniger Fleisch essen. Worauf sollten diese achten, um Eisenbedarf ausreichend zu decken?
Für die Gesundheit ist es sogar von Vorteil, weniger rotes Fleisch und Wurst zu essen. Weil der Körper aber in Pflanzen enthaltenes Eisen weniger gut aufnehmen kann als tierisches Häm-Eisen, sollte man ein paar Dinge beachten: Organische Säuren,
Vitamin C, gekochte Zwiebeln und Knoblauch fördern die Aufnahmefähigkeit von pflanzlichem Eisen. Zu den Speisen meiden sollte man Lebensmittel, die sogenannte Phytine (z. B. schwarzer Tee und Kaffee) oder viel Calcium enthalten (z. B. Milch und Eier) und die Eisenverwertung hemmen. Hülsenfrüchte und Nüsse sowie weitere pflanzliche Nahrungsmittel eignen sich als pflanzliche Eisenquellen vergleichsweise gut. Unbedingt empfehlenswert sind Hefeflocken, und Melasse eignet sich besonders bei veganer Ernährung, um Eisen, Calcium und weitere Mineralstoffe zuzuführen.