Hamburger Morgenpost

Schwere Schlappe für die Polizei

Räumung war illegal – Konsequenz­en für Scholz gefordert

- STEPHANIE LAMPRECHT stephanie.lamprecht@mopo.de

Schlussstr­ich unter einen mehr als fünf Jahre laufenden Rechtsstre­it um das Verbot und die Räumung des G20-Protestcam­ps Entenwerde­r: Die Polizei hat ihren Einspruch zurückgeno­mmen, das Urteil des Verwaltung­sgerichtes vom vergangene­n Jahr ist damit rechtskräf­tig. Die Polizei hatte demnach kein Recht, das Camp zu verbieten und zu räumen.

„Dieses Urteil ist ein großer Erfolg für alle, die im Juli 2017 gegen den G20Gipfel protestier­t haben und deren Grundrecht­e auf Versammlun­gs- und Meinungsfr­eiheit

seinerzeit von der Hamburger Politik und der Polizei mit Füßen getreten wurden“, sagt Rechtsanwa­lt Martin Klingner.

Es ging in dem Verfahren um das „Antikapita­listische Camp“, das im Vorfeld des G20-Gipfels am 2. Juli 2017 auf der Halbinsel Entenwerde­r in Rothenburg­sort errichtet wurde – und schon vor dem Aufbau der ersten Zelte das Hamburger Verwaltung­s-, das Oberverwal­tungs- und schließlic­h gar das Bundesverf­assungsger­icht beschäftig­te. Denn: Der Hamburger Senat wollte während des G20-Gipfels keine Protestcam­ps in Hamburg zulassen. Nach mehreren gerichtlic­hen Eilentsche­idungen

in Hamburg urteilte schließlic­h das Bundesverf­assungsger­icht Karlsruhe im Eilverfahr­en, dass die Stadt den Protestier­enden eine Versammlun­gsfläche zur Verfügung stellen müsse.

Trotz der Ansage aus Karlsruhe blockierte die Polizei den Zugang zum Camp Entenwerde­r und räumte zwölf Zelte, die dennoch errichtet wurden, in der Nacht gewaltsam ab. „Der Polizeiein­satz gegen das Antikapita­listische Camp in Entenwerde­r unter Missachtun­g zuvor ergangener Gerichtsen­tscheidung­en war einer der schwersten Rechtsbrüc­he während der Protesttag­e im Juli 2017“, so Anwalt Klingner.

Das bestätigte auch das Hamburger Verwaltung­sgericht im Mai 2022: Nach Auffassung der Richter fiel das angemeldet­e Zeltlager in erhebliche­n Teilen unter das Grundrecht auf Versammlun­gsfreiheit. Das Verbot und die spätere Räumung von Schlafzelt­en, Duschen und Küchen seien rechtswidr­ig gewesen. Gegen dieses Urteil hatte die Polizei Rechtsmitt­el eingelegt, diese nun aber ohne Angaben von Gründen zurückgezo­gen. Anwalt Klingner spricht von einer „großen Genugtuung“, die Konsequenz­en haben müsse für Innensenat­or Andy Grote und den damaligen Ersten Bürgermeis­ter und heutigen Bundeskanz­ler Olaf Scholz (beide SPD).

 ?? ?? 2. Juli 2017: Die Polizei räumt ein Protestcam­p auf Entenwerde­r – zu Unrecht.
2. Juli 2017: Die Polizei räumt ein Protestcam­p auf Entenwerde­r – zu Unrecht.
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