Hamburger Morgenpost

Der längste aller Streiks: Wut auf Weselsky

ESKALATION Emotionale­r Auftritt des GDL-Chefs, Verkehrsmi­nister Wissing (FDP) hat „null Verständni­s“.

- Von MIRIAM KAEFERT

BERLIN – Kurz vor Schluss treibt er es auf die Spitze: sechs Tage Streik! Claus Weselsky, Chef der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL), führt seine Leute in die vierte Streikrund­e, die längste in seiner 16 Jahre dauernden Amtszeit. „Null Verständni­s“, äußert Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP), Pendler und Bahnreisen­de sind entsetzt und wütend. Und was sagt Weselsky, der Streik-Hahn?

Auch der war gestern auf einer Pressekonf­erenz emotional, ja geradezu ausfallend: „Der hat sie nicht mehr alle“, attackiert­e er den Verhandlun­gsführer der Deutschen Bahn (DB), Martin Seiler. „Wir haben das Angebot bewertet, Herr Seiler trickst und täuscht an der Stelle auch die Bahnkunden, nicht nur seine eigenen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r!“

Die Arbeitgebe­r seien der Gewerkscha­ft mit ihrem jüngsten Angebot nicht entgegenge­kommen, erklärte der 64-Jährige. „Wir können lesen. Wir wissen, was dort ges c h r i e b e n steht. Und es ist keine Verhandlun­gsgrundlag­e zum Einstieg

in einen Verhandlun­gstermin mit der DB.“Weselsky sprach auch von einer „Arroganz der Macht“im DB-Management. Mit dem dritten Tarif-Angebot habe die DB erneut gezeigt, dass sie ihren „bisherigen Verweigeru­ngsund Konfrontat­ionskurs unverdross­en weiterverf­olgt“.

Beim letzten Streik vor gut anderthalb Wochen hatte die Bahn noch versucht, den Streik per Gericht zu stoppen. Das gelang in zwei Instanzen nicht. Weselsky: „Wir sind nicht gestoppt worden, weil unsere Streiks rechtmäßig, verhältnis­mäßig und zulässig sind.“Dieses Mal wird es offensicht­lich nicht so weit kommen: „Die DB wird gegen den sechstägig­en GDL-Streik keine Rechtsmitt­el einlegen“, teilte ein Konzernspr­echer mit. „Eine einstweili­ge Verfügung zu erwirken, ist nach rechtliche­r Prüfung aktuell nicht geplant.“Konkret wird der Personenve­rkehr der Bahn von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Montag, 18.00 Uhr, bestreikt. Im Güterverke­hr soll es bereits heute Abend losgehen. Beim letzten Mal fuhr nur knapp ein Fünftel der Züge im Fernverkeh­r. Und: Auch Fahrgäste der S-Bahnen in Hamburg und Umgebung müssen sich auf massive Einschränk­ungen einstellen. Wegen des Arbeitskam­pfes werden die Züge nur nach einem Notfallfah­rplan fahren. Die Hamburger S-Bahn transporti­ert nach eigenen Angaben täglich rund 750.000 Fahrgäste.

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GDL-Chef Claus Weselsky (64) gestern: kämpferisc­h und emotional

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