Die Erfolgsquote ist zum Verzweifeln
WOHNUNGSMARKT Hilfsangebot für Mieter, die mehr oder weniger Platz benötigen – gute Idee ist gescheitert
Es ist ein Schlamassel auf dem Wohnungsmarkt: Junge Familien brauchen mehr Platz, zugleich wohnen Senioren in großen Wohnungen, obwohl ihre Kinder längst ausgezogen oder sie alleinstehend sind. Sollen sie doch ihre Wohnungen tauschen – so die Idee. Die Stadt will dabei helfen. Doch neue Zahlen zeigen: So einfach funktioniert das nicht.
Nur vier Wechsel in eine Wohnung mit passenderer Größe wurden über die spezielle Koordinierungsstelle der Stadt für Wohnungswechsel vermittelt – und das seit 2019! Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die der MOPO vorliegt. 2019 wechselten drei Haushalte ihre Wohnungen, 2022 einer. Insgesamt wurden in den Jahren nur 31 Fälle von dieser Stelle in der Stadtentwicklungsbehörde bearbeitet.
Ein ernüchterndes Ergebnis für ein Konzept mit viel Potenzial: Mehr als 54,5 Prozent der Haushalte sind Single-Haushalte. Weil es aber nur rund 17 Prozent Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnungen im Mietwohnbestand gibt, leben viele von ihnen in großen Wohnungen. „Ich höre von den Mietervereinen, dass sich die Anfragen von Menschen stapeln, die ihre Wohnfläche
verkleinern möchten, aber keine passende Wohnung finden“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) im Januar 2023. Auf der anderen Seite suchten viele Familien größere Wohnungen.
Was helfen kann: der Wohnungstausch, bei dem Mieter ihre Wohnungen tauschen, wenn sich ihr Platzbedarf ändert. Oder ein Vermieter unterstützt beim Wechsel in eine passendere Wohnungsgröße.
„Wenn Menschen aus ihren zu großen Wohnungen in kleinere umziehen wollen, kann das gewinnbringend für die Beteiligten werden“, sagt Heike Sudmann (Linke) der MOPO. Die einen sparten Miete, die anderen bekämen endlich eine größere Wohnung.
Und die Stadt müsse dafür keine neuen Wohnungen bauen. „Hier liegt ein Schatz vergraben, den die Stadt endlich heben muss. Und da gibt es noch viel Luft nach oben.“Dass die behördliche Wechselbörse nur in vier Fällen erfolgreich war, findet sie lächerlich. Auch die SAGA hat eine Anlaufstelle für ihre Mieter:innen. Gibt es eine passende Wohnung, können sie ohne Kündigungsfrist um
ziehen, sodass keine doppelte Miete fällig wird. Zudem gibt es seit 2019 ein Programm für Senioren, bei dem sie ihren aktuellen Mietpreis pro Quadratmeter in eine kleinere Wohnung gleicher Art und Güte mitnehmen. „Jährlich werden Tausch- und Wechselwünsche umgesetzt, die etwa zehn Prozent der Gesamtfluktuation des SAGA-Konzerns entsprechen“, so der Senat. „Berauschend ist das nicht“, sagt Sudmann. Das entspreche jährlich nur zwischen 600 und knapp 800 Wechseln – bei einem Bestand von 137.000 SAGAWohnungen. Dazu, wie oft das Tauschprogramm für Senioren zum Zug kam, bei dem auch die Miete gleich blieb, macht der Senat keine Auskunft.
Warum läuft es so stockend? „Insbesondere wenn ein quartiersnahes Angebot mit bestimmter Größe und gegebenenfalls weiteren Eigenschaften gesucht wird, kann die kurzfristige Verfügbarkeit
eingeschränkt sein“, sagt der Senat.
Doch es hakt nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit. Ein Grund ist der Mangel an geeigneten kleinen
Wohnungen, zudem möchten sich Senioren häufig nicht von ihrem langjährigen Zuhause trennen – und wenn, dann zumindest in der Nachbarschaft bleiben, wo es aber erst einmal ein passendes Angebot geben muss, berichtet „Mietraum2“, die Zeitung von „Mieter helfen Mietern“. Gerade bei Mietwohnungen stehen aber auch Vermieter im Weg, wenn sie bei einem Wechsel einen neuen Vertrag zu teureren Konditionen fordern. Gerade für Menschen mit altem Mietvertrag lohnt sich der Umzug so nicht. Braucht es also doch ein Recht auf Wohnungstausch, bei dem Mietverträge ohne Erhöhung übernommen werden, wie es die Linke auf Bundesebene fordert? Ob sich der Senat dafür einsetzen wolle, will Sudmann wissen. Die Antwort macht wenig Hoffnung: Damit habe er sich bisher nicht befasst.
Hier liegt ein Schatz vergraben, den die Stadt heben muss. Und da gibt es noch viel Luft nach oben. Heike Sudmann (Linke)