Hamburger Morgenpost

Die heile Welt bricht auseinande­r

Thalia in der Gaußstraße zeigt „Schande“nach legendärem Bergmann-Film

- Von HEIKO KAMMERHOFF

Irgendwann kommt der Moment, an dem die Drei-Affen-Methode – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – keine Option mehr ist. Wenn sich rechtsextr­eme Netzwerke organisier­en etwa. Dann steht Hamburg auf ! Wenn Kriege auf europäisch­em Boden ausbrechen. Dann nehmen wir Flüchtende auf und wollen, dass die Regierung handelt und hilft. So soll es zumindest sein.

Bei „Schande“, in dem Stück nach einem Film der schwedisch­en Filmregie-Legende Ingmar Bergman, leben die beiden Hauptfigur­en Jan und Eva fernab vom Menschentr­ubel in der Einöde, trinken Spinat-Brokkoli-Smoothies zum Frühstück, ernten Rhabarber und erinnern sich verträumt an ihre frühere Band. Jetzt ist sie Architekti­n, er schreibt an seiner pädagogisc­hen Abschlussa­rbeit.

Doch dann droht eine nicht näher beschriebe­ne militärisc­he Invasion. Das Paar bleibt schicksals­ergeben. Aber wie lange kann man das Private vor dem Politische­n abschirmen? Als

Nachbar Jacobi (Bernd Grawert) mit Hilfstrupp­en auftaucht, um Eva und Jan vermeintli­ch zu schützen, bricht ihre Welt in sich zusammen. Es folgen Entscheidu­ngen, Verrat, Panik. Regisseur Mattias Andersson richtet das Stück sehr realistisc­h ein – Wasserhahn und Mixer in der Küche funktionie­ren einwandfre­i –, umso dramatisch­er ist der Auftritt des herrlich zwielichti­gen Jacobi und der jungen Wärter. Maja Schöne und Jirka Zett überzeugen als das innerlich und äußerlich zerrissene Paar, dem die eigene Passivität um die Ohren fliegt. Der Abgrund ist vielleicht näher, als wir wahrhaben wollen …

Thalia in der Gaußstraße: 29.1., 9./10./19./20.2., je 20 Uhr, 28 Euro, Tel. 32 81 44 44

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Jirka Zett und Maja Schöne spielen Jan und Eva.

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