Straftat oder nicht? Streitfall Unfallflucht Reform geplant – doch Verkehrs-Experten sind sich uneinig
- Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat es ins Spiel gebracht: Sollte Fahrerflucht nur noch als Ordnungswidrigkeit statt als Straftat geahndet werden? „Die Zeit ist reif für eine Reform“, meint der Verkehrspräsident des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC), Gerhard Hillebrand. Er ist für eine straffreie Meldung eines Unfalls innerhalb von 48 Stunden. Die Wartepflicht am Unfallort? Ist überholt, findet er. Entscheidend sei einzig und allein, dass der Geschädigte die nötigen Infos zur Schadensregulierung erhalte.
Nach derzeitigen Plänen soll es auf jeden Fall künftig eine Möglichkeit geben, Sachschäden online zu melden, damit der Verursacher nicht mehr vor Ort auf Autobesitzer oder auf die Polizei warten muss. Derzeit kann eine Fahrerflucht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Nach Ansicht des Strafrechtsprofessors Jan Zopfs von der Johannes-Gutenbergin Mainz gibt es Alternativen. Entweder eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit, die auch Staatsanwaltschaften entlasten würde, sagt der
Professor, der den Arbeitskreis beim Verkehrsgerichtstag leiten wird. Alternativ könne auch der Straftatbestand beibehalten, dafür die Wartepflicht am Unfallort ersetzt werden, etwa durch eine nachträgliche Meldung per App oder bei einer Meldestelle innerhalb eines festgelegten Zeitraums.
Der Deutsche Anwaltsverein kritisiert, dass man für das Verlassen des Tatortes nicht bestraft wird, wenn man ein Auto vorsätzlich demoliert – sehr wohl aber, wenn es aus Versehen beschädigt wird. Dadurch dass Fahrerflucht eine Straftat sei, gebe es einen Zwang zur Selbstbezichtigung, der eigentlich nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren ist, meint Rechtsanwalt Andreas Krämer. Eine Reform sei dringend notwendig.
Gegen eine Herabstufung ist der Deutsche Richterbund. „Die Strafvorschrift hat sich bewährt und gibt den Gerichten ausreichend Spielräume, um Rechtsverstöße tat- und schuldangemessen zu bestrafen“, sagt Geschäftsführer Sven Rebehn.