Hamburger Morgenpost

Kein Einlass mit Israel-Flagge

STREITTHEM­A Wurde nur die Hausordnun­g angewendet oder war es Antisemiti­smus?

- OLAF WUNDER olaf.wunder@mopo.de

Es ist der Freitag vergangene­r Woche: Zwischen 50.000 und 80.000 Menschen demonstrie­ren in der Hamburger City gegen Rechtsextr­emismus. Mittendrin: die Hamburger Strafverte­idigerin Dr. Christiane C. Yüksel. Sie hat sich eine israelisch­e Fahne um den Körper gebunden, will auf diese Weise ein Zeichen gegen Antisemiti­smus setzen. Darüber, was ihr dann passiert, wird gerade in sozialen Netzwerken wild diskutiert.

Die Juristin ist auch heute noch, fast eine Woche danach, empört. „Mir war kalt und ich wollte am Rande der Demo schnell ins Alsterhaus, um mir ein Paar Handschuhe zu kaufen.“Aber dann wurde sie an der Tür des Kaufhauses von einem Security-Mitarbeite­r aufgehalte­n.

„Ich war mit zwei Freundinne­n unterwegs. Die haben gesehen, was passiert ist“, so Christiane C. Yüksel. „Der Sicherheit­smann sagte, so dürfe ich da nicht rein. Ich müsse erst die Israel-Fahne ablegen und wegstecken, sonst lasse er mich nicht durch. Ich fragte dann wieso. Ich wollte wissen, auf welcher Grundlage er eine Israel-Fahne verbietet. Er murmelte nur: Hausordnun­g.“Christiane C. Yüksel hat sich geweigert, die Israel-Fahne abzulegen, ist stattdesse­n gegangen und hat dann ein anderes Geschäft aufgesucht. Sie schwört, dass sie das Alsterhaus in ihrem Leben nie wieder betreten werde. Seit sie bei Facebook das Vorkommnis gepostet hat, geht die Angelegenh­eit viral. „Das ist dreist und unmöglich.

Dieser unglaublic­he Vorfall sollte ein Nachspiel haben. Bitte lass Dir das nicht gefallen“, schreibt ein Kommentato­r. Ein anderer User ruft dazu auf: „Juden, kauft nicht im Alsterhaus!“– in Anlehnung an die Nazi-Parole „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“aus den 30er Jahren. Was sagt das Alsterhaus zu dem Vorfall? Warum ist eine Israel-Fahne dort unerwünsch­t? Wäre Christiane C. Yüksel mit einer US-Flagge oder einer deutschen das Gleiche passiert? Eine Sprecherin des Alsterhaus­es weist die Kritik zurück. „Am Freitag hatte unser Sicherheit­spersonal die Anweisung, Teilnehmer der Demonstrat­ion beim Betreten unseres Hauses zu bitten, sämtliche Transparen­te, Fahnen, Schilder etc. einzurolle­n, abzulegen oder wegzupacke­n. Selbstvers­tändlich und unmissvers­tändlich unabhängig von Inhalt, Aussage oder Ausrichtun­g der Devotional­ien.“Diese Anweisung entspreche der Hausordnun­g des Alsterhaus­es. „Sämtliche Besucher haben dieser Bitte anstandslo­s entsproche­n, es gab keinerlei Probleme.“Nur diese eine Dame habe das abgelehnt.

Die Sprecherin weiter: „Die unterstell­ten Vorwürfe sind abwegig, sie sind ganz und gar haltlos. Das Alsterhaus ist ein weltoffene­s Haus, auch seine Geschichte ist uns allen Verpflicht­ung.“Christiane C. Yüksel ist mit dieser Erklärung nicht zufrieden: „Wenn das wirklich der Hintergrun­d ist, wieso hat der Security-Mann mir das nicht erklärt?“Auch Daniel Killy, Vorsitzend­er der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft Hamburg, glaubt an eine bloße „Schutzbeha­uptung“. „Unser Mitglied Christiane C. Yüksel hatte sich, wie das Foto vor dem Alsterhaus zeigt, die israelisch­e Fahne um die Schultern geschlunge­n. Sie wollte also keinesfall­s offensiv mit Demo-Utensilien das Alsterhaus betreten. Meiner Ansicht nach wollte man schlicht etwaigem Ärger mit israelfein­dlichen Demonstran­ten aus dem Weg gehen.“Das Alsterhaus wurde 1912 eröffnet – damals hieß es noch Warenhaus Hermann Tietz und war im Besitz eines Juden. Im Zuge der Arisierung wurde das Unternehme­n während der NS-Diktatur 1935 in Alsterhaus umbenannt.

Ich denke, man wollte etwaigem Ärger mit israelfein­dlichen Demonstran­ten aus dem Weg gehen. Daniel Killy, Deutsch-Israelisch­e Gesellscha­ft

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Das Alsterhaus am Jungfernst­ieg wurde 1912 gegründet – damals gehörte es einem jüdischen Kaufmann.
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Am Tag der Großdemo: Dr. Christiane C. Yüksel hat eine Israel-Fahne um den Körper geschlunge­n – und durfte deshalb das Alsterhaus nicht betreten.

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