Der rätselhafte Hype um die Billiguhren
SWATCH Sammler waren heiß auf die Plastikfabrikate aus der Schweiz
Die Swatch war knallbunt, ungetragen und originalverpackt: Da hab ich auf der „Flohschanze“am U-Bahnhof Feldstraße nicht lange überlegt und die Uhr für fünf Euro auf dem Stand eines freundlichen Haushaltsauflösers erworben. Doch die Uhr gibt Rätsel auf ...
1980 steckt die Schweizer Uhrenindustrie tief in der Krise. Die liebevoll von Hand hergestellte mechanische Armbanduhr, für die die Eidgenossen ja weltweit bekannt waren, schien ein Auslaufmodell zu werden. Die Japaner überschwemmten die Welt damals mit billigen und sehr genau gehenden Quarzuhren.
So kam es, dass sich zwei junge Ingenieure beim Schweizer Uhrwerkfabrikanten ETA Gedanken machten und die Massenproduktion einer billigen Armbanduhr aus Plastik mit Quarzwerk vorschlugen. Drei Jahre später setzte der Uhrenmanager Nicolas G. Hayek (1928-2010), ein großes Marketing-Genie, die Idee um. Das billige Plastikteil (Preis: 50 Schweizer Franken) aus der Schweiz eroberte die Welt und rettete mit ihrem Erfolg wohl auch die traditionelle Uhrenherstellung in der Alpenrepublik. Nach weniger als zehn Jahren Produktion wurde 1992 schon die 100.000.000 Swatch verkauft. In den 1990er Jahren trieb die Sammelei dieser Uhren schon merkwürdige Blüten. Swatch befeuerte den damals boomenden Sammlermarkt auch mit limitierten oft farbenfrohen Editionen. So standen damals Swatchverkäufer auf dem Hamburger Isemarkt und boten einen Dreiersatz „Gemüse-Swatch“an. Die vom Künstler Alfred Hofkunst geschaffenen Stücke ähnelten Gurke, Paprika, Ei und Frühstücksspeck. Umgerechnet rund 150 Euro kostete der Satz auf dem Wochenmarkt damals. Den Verkäufern wurden die Stücke aus den Händen gerissen. Es kam zu Tumulten. Kein Wunder: Im Laden gab es die Sonderedition, von der weltweit nur 9999 Exemplare hergestellt wurden, nicht zu kaufen. Unter Sammlern wurde der Gemüsesatz dann für das Zehnfache gehandelt. 1991 war eine vom Künstler Mimmo Paladino entworfene Swatch in Zürich sogar für 56.000 Franken versteigert worden. Die 140 produzierten Exemplare waren nie im Handel gewesen, sondern wurden an bedeutende Persönlichkeiten verschenkt oder sie gingen an den Künstler. Heute ist der Sammelboom abgeflaut und der Satz Gemüseuhren wird schon für 350 Euro bei Ebay angeboten – wenn die Uhren originalverpackt und ungetragen sind. Denn nur solche unberührten Modelle haben Sammlerwert!
Da hab ich dann wohl bei meiner Fünf-Euro-Swatch vom Flohmarkt schon einen Fehler gemacht. Ich hab das unberührte Modell nämlich getragen. Dabei scheint diese Swatch durchaus selten zu sein. Im Internet jedenfalls habe ich zu dem bunten Stück mit dem Zifferblatt-Aufdruck „Tchibo Cafe Service“nichts gefunden. Vielleicht war es ein Geschenk für die Mitarbeiter des Kaffee-Konzerns und wurde nie im Handel verkauft?