Hamburger Morgenpost

Die Erstürmung der Elbe-Festung

SCHNAKENBE­K Der einstige Schauplatz historisch­er Ereignisse ist heute eine Jecken-Hochburg

- Thomas.hirschbieg­el@mopo.de

THOMAS HIRSCHBIEG­EL

Ein Bischof wurde hier einst eingekerke­rt, ein sächsische­r Herzog starb und „Heinrich der Löwe“ließ die Gemäuer niederbren­nen: Die Rede ist von der Erthenebur­g, die unweit von Lauenburg lag. Dort wo die stolze Burg stand, befindet sich heute, hoch über der Elbe, ein reizvoller Aussichtsp­unkt.

Direkt an der Ortschaft Schnakenbe­k geht es schnurstra­cks in einen schönen Mischwald und dann weisen die Reste eines ehemals vier Meter hohen Burgwalls dem Wanderer den Weg zum früheren Standort der Burg. Von dieser ist leider nur noch ein 65 mal 100 Meter großes Plateau zu sehen. Wir überqueren die Fläche und erreichen eine Aussichtsk­anzel, von der wir einen Blick auf die Elbe und die Einmündung des Elbe-Seitenkana­ls haben.

Irgendwann nach dem Jahr 1000 wurde die Festung errichtet. Für Historiker ist klar, warum gerade an dieser Stelle. Denn bei Schnakenbe­k befand sich der Elbübergan­g der wichtigen Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck.

Um 1100 wird die strategisc­h günstig am Nordufer der Elbe gelegene Burg erstmals urkundlich erwähnt. Der Steilhang zur Elbe hin ist hier rund 30 Meter hoch. Eroberer hatten kaum eine

Chance hier von der Elbseite anzugreife­n. Die Rückseite der Burg wurde im Wald vom bereits erwähnten hohen Wall und einem tiefen Graben gesichert.

1106 starb Herzog Magnus von Sachsen auf der Burg. Spätestens 1147 regierte der Welfenherz­og „Heinrich der Löwe“auf der Burg und lagerte hier mit einem Heer, um einen Kreuzzug gegen die Slawen zu beginnen. Danach hält sich der Herzog immer wieder auf der Erthenebur­g

auf, stellt Urkunden aus und nutzt die Festung aber auch als Gefängnis. Der Welfe hält hier nämlich den armen Bischof von Halberstad­t gefangen. Der streitlust­ige Herzog gerät schließlic­h sogar mit Kaiser Friedrich Barbarossa in Fehde und muss aus der Erthenebur­g flüchten. Danach lässt er sie in Brand setzen. Bernhard von Sachsen macht sich später über die Ruine her und errichtet mit ihren Steinen nur ein paar

Kilometer weiter um 1181 die Lauenburg, nach der das gleichnami­ge Elbstädtch­en benannt ist. Seitdem gruben immer wieder Archäologe­n auf dem Plateau der Erthenebur­g, sie fanden Reste von Waffen und eine Münze aus der Zeit „Heinrich des Löwen“.

Doch vor allem Kinder und Karnevalis­ten im Kreis Herzogtum Lauenburg verbinden mit der Erthenebur­g heute nicht historisch­e Ereignisse und archäologi­sche Funde. Nein, sie denken an den jedes Jahr stattfinde­nden Karnevalsb­rauch, die Erstürmung der Erthenebur­g. Im Ort Schnakenbe­k nämlich gibt es den rührigen „Carnevalsv­erein von 1990“. Und die Mitglieder errichten jährlich im November zur Karnevalsz­eit mitten im Ort eine Erthenebur­g aus Holz. Darin verstecken sich dann die Bürgermeis­ter von Schnakenbe­k und Lauenburg. Wackere Karnevalis­ten in historisch­en Uniformen feuern dann mit einer Konfetti-Kanone auf die „Burg“, die beiden Insassen versuchen vergeblich sich mit Kamellewür­fen zu wehren. Schließlic­h wird die Holzburg gestürmt und die „Soldaten“entreißen den Bürgermeis­tern den Schlüssel der Burg und rufen fröhlich: „Schnakenbe­k Alaaf“!

Die Ritter auf der Erthenebur­g sicherten einst den Elbübergan­g der Salzstraße zwischen Lübeck und Lüneburg.

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 ?? ?? Der MOPO-Reporter in Schnakenbe­k am Durchgang des Burgwalls, dahinter auf dem Plateau am hohen Elbufer befand sich einst die Erthenebur­g.
Der MOPO-Reporter in Schnakenbe­k am Durchgang des Burgwalls, dahinter auf dem Plateau am hohen Elbufer befand sich einst die Erthenebur­g.
 ?? ?? Diesen Blick auf die Elbe hatte die wachsame Besatzung der Erthenebur­g, heute ist hier ein Aussichtsp­unkt für Wanderer.
Diesen Blick auf die Elbe hatte die wachsame Besatzung der Erthenebur­g, heute ist hier ein Aussichtsp­unkt für Wanderer.
 ?? ?? Die „Angreifer“haben die „Burg“in Schnakenbe­k erstürmt und den Schlüssel erbeutet.
Die „Angreifer“haben die „Burg“in Schnakenbe­k erstürmt und den Schlüssel erbeutet.
 ?? ?? 2019 war MOPO-Reporter Thomas Hirschbieg­el beim „Sturm“auf die Erthenebur­g dabei und bekam einen Karnevalso­rden.
2019 war MOPO-Reporter Thomas Hirschbieg­el beim „Sturm“auf die Erthenebur­g dabei und bekam einen Karnevalso­rden.
 ?? ?? Karnevalis­ten in Schnakenbe­k beim Sturm auf die „Erthenebur­g“aus Holz
Karnevalis­ten in Schnakenbe­k beim Sturm auf die „Erthenebur­g“aus Holz

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