Hamburger Morgenpost

Ein n Zeitplan, p an den sich ke keiner hält

sollen die VERKEHR Neue Radrouten Doch die Mobilitäts­wende voranbring­en. hinterher Bezirke hinken deutlich

- ANNALENA BARNICKEL annalena.barnickel@mopo.d

„Wir müssen erreichen, dass weniger Autos durch Hamburg fahren!“So formuliert­e Verkehrsse­nator Anjes Tjarks (Grüne) sein Mobilitäts­ziel zu Beginn seiner Amtszeit. Damit die Leute mehr aufs Fahrrad umsteigen, sollte ein zusammenhä­ngendes Radroutenn­etz durch die gesamte Stadt geschaffen werden. Bis Ende 2022 hatten die einzelnen Bezirke Zeit, ein Konzept dafür zu erstellen – daran gehalten hat sich allerdings niemand. Und auch Anfang 2024 hinken einzelne Teile der Stadt noch immer meilenweit hinterher. Wie kann das sein?

Bis zum Jahr 2030 sollen bis zu 30 Prozent aller in Hamburg zurückgele­gten Wege mit dem Fahrrad gemacht werden, so die Absicht des grünen Senators. Laut einer Erhebung seiner Behörde von 2023 steigen die Hamburger aktuell bei „erst“22 Prozent aller Wege aufs Rad. Im Zentrum dieses Ziels: der Aus- und Neubau von Radwegen. Ausgebaute Routen, die aus den Rand-Stadtteile­n ins Zentrum führen, statt enger Buckelpist­en. Dafür gründete der Senat 2016 das „Bündnis für den Radverkehr“– auch um eine drohende Volksiniti­ative zu verhindern.

Der formuliert­e Plan: „Hierzu entwickeln die Bezirksämt­er – sofern nicht bereits erfolgt – bis Ende 2022 Bezirksrou­tenkonzept­e, die an den Ansprüchen des Alltagsrad­verkehrs ausgericht­et sind.“Die MOPO fragte nach: Hat das geklappt? Die Antwort: Nein.

Bezirk Altona

Ein Beispiel: Zahlreiche Hamburger beteiligte­n sich im Sommer 2022 an einer großen Online-Umfrage für das Radwegekon­zept in Altona. Mehr als 1600 Beiträge, Hinweise und Wünsche kamen zusammen. Besonders oft wurde hier der Lessingtun­nel als Konfliktst­elle genannt, der die Julius-Leber-Straße und die Scheel-Plessen-Straße sowie die Barnerstra­ße verbindet. Doch seither tut sich nichts.

„Wir bitten um etwas Geduld“, steht auf der extra dafür erstellten Website des Bezirksamt­s. Sprecher Mike Schlink betonte zuletzt, dass das Konzept aus Kapazitäts­gründen noch nicht fertig sei – dieses Jahr soll es aber so weit sein. Ein genaues Datum nannte er allerdings nicht.

In Wandsbek gibt es ein älteres Radverkehr­skonzept aus dem Jahr 2015/2016, das für das Bezirksrou­tennetz erneuert werden soll. Ein erster Entwurf mit sieben möglichen Routen steht zwar seit Juli 2022, aber erst im April 2023 folgte die Bürgerbete­iligung – Monate nach der Deadline für ein finales Konzept.

Im November 2023 wurden die ersten Zwischener­gebnis

se in der Bezirksver­sammlung präsentier­t, insgesamt kamen 2065 Beiträge und 3225 Kommentare zusammen. Diese identifizi­erten besonders viele Konfliktst­ellen zwischen Rad- und Autofahrer­n im Bereich Eilbek und Volksdorf.

Laut Bezirksspr­echerin Claudia Petschalli­es soll das finale Radverkehr­skonzept im Sommer 2024 endlich stehen.

Bezirk Harburg

Noch weiter zurück in die Vergangenh­eit geht es in Harburg, dem aktuellen Schlusslic­ht unter den Bezirken: Laut Sprecherin Sandra Stolle gibt es aktuell kein Radverkehr­skonzept. Grundlage dafür könnte ein solches aus dem Jahr 2009 sein, „das durch 2021 gefasste Ergänzunge­n aus dem Fahrradbei­rat und dem Fachaussch­uss der Bezirksver­sammlung ergänzt werden könnte“, sagte sie. „Dieser Prozess ist aktuell noch nicht abgeschlos­sen.“Grund für die Verzögerun­g sind laut Stolle unbesetzte Stellen im Fachbereic­h, außerdem mangele es an Ingenieure­n im Tiefbau. So lange würden die Ideen aus dem Radkonzept von 2009 umgesetzt, zum Beispiel Tempo 30 in der Jägerstraß­e. Bezirk Nord Vergleichs­weise weit (aber auch viel zu spät dran) ist man in Nord. Im Oktober 2023 wurde das neue Rad verkehrs konzept vorgestell­t, das wiederum auf einer Ausarbeitu­ng von 2014 beruht. Insgesamt sind neun Korridore geplant: Einer davon führt von ganz im Norden bis ganz in den Süden des Bezirks, einer durch Fuhlsbütte­l, einer durch die City Nord und einer am Stadtpark entlang.

Die Bezirksver­sammlung beschloss daraufhin aber noch einige Änderungsw­ünsche: Unter anderem soll die Strecke Frickestra­ße–Kümmellstr­aße– Goernestra­ße in Eppendorf als zusätzlich­er Nordast zur Alster-Airport-Route dazukommen. Laut Bezirksspr­echer Alexander Fricke wird die finale Version des Konzepts Ende Januar dem Ausschuss für Klimaschut­z, Umwelt und Mobilität vorgelegt.

Bezirk Mitte In Mitte gab es bislang nur für die Veddel, Wilhelmsbu­rg und Billstedt/Horn Rad verkehrs konzepte, die 2012 umgesetzt wurden. Diese entspreche­n inzwischen nicht mehr den Anforderun­gen, weshalb ein neues gesamtbezi­rkliches Konzept erarbeitet werden sollte. „Dies wurde im Rahmen einer Masterarbe­it für uns erstellt“, sagt Bezirksspr­echerin Josefina Kordys auf Nachfrage. So richtig optimal schien diese Lösung aber nicht gewesen zu sein. „Nach interner Prüfung haben wir noch den Bedarf einer genaueren Ausarbeitu­ng erkannt.“Genauere Informatio­nen wie erste Streckenve­rläufe gibt es nicht, auch kein Datum, wann das Konzept fertig wird. Wichtig ist laut Kordys, dass die künftigen Routen auch an die angrenzend­en Bezirke angeschlos­sen sind. Bezirk Eimsbüttel Eimsbüttel ist der einzige Bezirk, in dem das Radverkehr­skonzept bereits abgeschlos­sen ist. Auch hier gab es wie bei allen anderen verschiede­ne Beteiligun­gsformate, bevor der endgültige Plan im April 2023 vorgestell­t wurde. Insgesamt gibt es hier sieben Korridore: Einer davon beginnt an der Stadtgrenz­e mit Nordersted­t auf der Holsteiner Chaussee, knickt von dort auf den Schleswige­r Damm ab und verläuft dann weiter bis zur Bezirksgre­nze Altona. Ein Teil dieser Route wird auf Fahrradstr­aßen verlaufen, ein Teil im Mischverke­hr bei Tempo 30 und ein Teil auf Radwegen. Andere Korridore verlaufen unter anderem durch Niendorf, Eidelstedt und Rotherbaum. Laut Dirk Lau, Sprecher des Hamburger Fahrradclu­bs ADFC, sind die Bezirksrou­ten vor allem für die alltäglich­en Fahrten wichtig wie etwa die zum Supermarkt, zum Sport oder Kino. „Dass sich das Ganze ähnlich wie der inzwischen jahrzehnte­lang andauernde Bau der Velorouten verzögert, hat vermutlich – abgesehen von Geld- und Personalpr­oblemen – die hamburgtyp­ischen Ursachen“, sagt er. Sobald der Straßenrau­m zugunsten Rad- oder Fußverkehr verbessert werden solle, gehe regelmäßig eine kleine Gruppe auf die Barrikaden. Behörden und Planer ließen sich davon aus seiner Sicht leider allzu leicht beeindruck­en. „Aus unserer Sicht sind zeitliche Verzögerun­gen beim Bau der Bezirksrou­ten vernachläs­sigbar, wenn zu erwarten ist, dass bei den Planungen etwas richtig Gutes herauskomm­t“, stellt Lau klar. Radwege hinter neuen Kfz-Parkreihen, wie es etwa in Wandsbek teils vorgesehen ist, zählt er jedoch nicht dazu.

Wir müssen erreichen, dass weniger Autos durch Hamburg fahren. Anjes Tjarks (Grüne), Verkehrsse­nator

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Die Reeperbahn ist eine wichtige Verbindung­sstraße in Richtung Innenstadt. Hier wurde ein Radweg neu geschaffen.
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Passionier­ter Fahrradfah­rer: Der grüne Verkehrsse­nator Anjes Tjarks will den Stadtverke­hr umbauen. Bezirk Wandsbek
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Der Lessingtun­nel verbindet Altona-Altstadt mit Ottensen und gilt als gefährlich.
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Der Radweg Esplanade wurde teilweise umgebaut, ist aber immer noch sehr eng.
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msbüttel m ist beim adwegausba­u recht weit. sgesamt sieben Routen ollen den Bezirk urchqueren. u
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EImsbüttel/ Bezirksamt Grafik:
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Eine „Protected Bike Lane“im Bezirk Harburg

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