Hamburger Morgenpost

Die Erwartungs­haltung kann eine Rolle spielen RATGEBER

Viele Menschen brauchen im Alter ein Hörgerät. Doch dadurch versteht man nicht automatisc­h alles wie früher

- Von SABINE MEUTER

Mit zunehmende­m Alter lässt das Hörvermöge­n bei vielen nach. Der Ausweg: ein Hörgerät. Doch nicht immer läuft es mit dem kleinen Helfer am Ohr rund. Vielleicht sind Gespräche nicht so gut möglich wie erhofft. Und das Vogelgezwi­tscher, auf das man sich so gefreut hatte, klingt dumpf oder ist gar nicht zu hören. Das sorgt für Frust: Wie kann das sein?

Verstopft oder falsch eingesetzt

Hat die Hörfähigke­it etwa noch weiter nachgelass­en? Das muss nicht sein. „Es kann zum Beispiel sein, dass das Hörgerät nicht regelmäßig gereinigt wurde“, sagt der Freiburger HNO-Arzt Michael E. Deeg. So eine Reinigung ist wichtig, denn Ohrenschma­lz (medizinisc­h: Cerumen) und Schweiß, aber etwa auch Staub, Pollen und Bakterien können die Ohrpassstü­cke verstopfen und die Mikrofonei­ngänge verkleben. Von solchen Rückstände­n sollte man das Hörsystem am besten täglich befreien. Ebenfalls denkbar: Der Gehörgang selbst ist mit Ohrenschma­lz verstopft und die Hörfähigke­it wird dadurch beeinträch­tigt.

Oder die Batterie eines Hörgeräts neigt sich dem Ende zu oder ist schlicht leer. Immer wieder kommt es auch vor, dass Geräte mit einer AkkuFunkti­on nicht richtig in die Ladestatio­n gesteckt wurden. So kann das Gerät nicht richtig funktionie­ren.

Und: „Für manche Ältere ist es schwierig, ihr Hörgerät richtig ins Ohr einzusetze­n“, sagt HNO-Arzt Deeg. Hierfür benötigten sie eine gute Anleitung des Hörakustik­ers oder der Hörakustik­erin.

Im Hinterkopf sollte man aber auch behalten: „Schlechtes Hören kann auch schlechtes Verstehen sein“, sagt Eberhard Schmidt, Präsident der Bundesinnu­ng der Hörakustik­er. Denn gutes Hören spielt sich nicht nur im Ohr, sondern auch im Gehirn ab. Viele warteten mit der Anschaffun­g eines Hörgeräts zu lange, beobachtet Schmidt. Im

Schnitt gingen bis zur Kaufentsch­eidung sieben Jahre ins Land. In dieser Zeit hätten manche das Hören fast schon verlernt und müssten es sich wieder aneignen. Vielleicht sind also zu hohe Erwartunge­n an das Hörgerät das Problem. Gleich wieder perfekt hören können? So läuft es eben meist nicht.

„Die Ohren und das Gehirn müssen sich erst wieder an die Geräusche gewöhnen, daher ist es wichtig, die Geräte gleitend anzupassen“, so Schmidt. Gleitend heißt hier: Das Gerät wird schrittwei­se an das Hörvermöge­n und die Hörgewohnh­eiten angepasst – ein Prozess, der sich über Wochen oder sogar Monate erstrecken kann. Mit einem Hörtrainin­g, das zum Beispiel Hörakustik­er anbieten, wird das Hörvermöge­n reaktivier­t.

Wo es Hilfe gibt

Doch an wen wendet man sich bei welchen Problemen? Treten beim Hören mit Hörgerät

Probleme auf, sollte man den Hörakustik­er zurate ziehen. Er oder sie kann oft die Ursachen ausloten. Funktionie­rt das Hörgerät einwandfre­i und ist das Hören dennoch schlecht, ist ein HNOArzt oder eine HNO-Ärztin die nächste Anlaufstel­le. Er oder sie kann feststelle­n, ob sich womöglich die Gelenke der Hörknöchel­chen verknöcher­t haben oder ob es einen Tumor oder Entzündung­en im Mittelohr gibt. Alles Gründe, warum das Hören beeinträch­tigt sein kann.

Kassen zahlen neues Gerät nach sechs Jahren

Übrigens: Eine Empfehlung, nach wie vielen Jahren ein vorhandene­s Hörgerät ausgetausc­ht werden sollte, gibt es nicht. Grundsätzl­ich übernehmen gesetzlich­e Krankenkas­sen nach sechs Jahren die Kosten für ein neues Gerät. Sollte sich vor Ablauf dieser sechs Jahre die Hörleistun­g signifikan­t verschlech­tert haben, dann ebenfalls.

Ist das bisherige Gerät noch funktionsf­ähig, ist ein Austausch nach sechs Jahren natürlich kein Muss. Generell gilt: Menschen mit einem Hörgerät sollten ihren jeweiligen Hörakustik­er nach Bedarf – wenigstens aber alle drei bis vier Monate – kontaktier­en, um checken zu lassen, ob alles noch reibungslo­s funktionie­rt.

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Westend61 dpa/ alliance/ picture Foto: Mit zunehmende­m Alter verschlech­tert sich häufig das Hörvermöge­n.
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Hörgeräte gibt es in vielen Formen. Damit sie gut funktionie­ren, bedarf es Pflege.
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