Hamburger Morgenpost

Skandal um UN-Hilfswerk Was bisher bekannt ist

HAMAS Vorwürfe weiten sich aus. Trotzdem Eigentor für Israel?

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GAZA – Hamas-Kollaborat­eure beim UN-Hilfswerk für palästinen­sische Flüchtling­e! Die Nachricht schlug massive Wellen (MOPO berichtete). Nun gibt es weitere Details zu den Vorwürfen. Laut Medienberi­chten könnte alles noch viel schlimmer sein. Unter Druck gerät nun aber nicht nur UN-Chef António Guterres. Auch für Israel könnten die selbst recherchie­rten Enthüllung­en zum Bumerang werden. Was über die Vorfälle bekannt ist.

➤ Deutlich mehr Kollaborat­eure beim UNRWA? Ein Bericht des „Wall Street Journals“zeigt: Das Ausmaß könnte noch deutlich höher sein als bisher geahnt. Zwar spricht die Zeitung weiter von zwölf Mitarbeite­rn des UN-Hilfswerks für palästinen­sische Flüchtling­e UNRWA, die sich an den Terrorakte­n der Hamas vom 7. Oktober beteiligt hätten.

Der Bericht spricht aber auch von Schätzunge­n des israelisch­en Geheimdien­stes, laut denen rund 1200 UNRWA-Mitarbeite­r Verbindung­en zur Hamas oder zur Terror-Organisati­on Islamische­r Dschihad hätten. Das wären rund zehn Prozent der 12.000 Angestellt­en im Gazastreif­en. Insgesamt arbeiten bei dem Hilfswerk in der Region 30.000 Menschen. Die kolportier­ten zehn Prozent würden die schon länger bestehende­n Vorwürfe gegen das Hilfswerk als Auffangbec­ken für Hamas-Sympathisa­nten unterstütz­en. Anderersei­ts dürften die Zahlen auch nicht verwundern. Auch wenn die letzte freie Wahl im Gazastreif­en im Jahr 2006 war: Die Hamas gewann damals haushoch, alle staatliche­n und nicht staatliche­n Organisati­onen dürften auch Hamas-Anhänger haben.

➤ Druck auf Guterres und Hilfswerk wächst: Dass aber zwölf Personen aus dem Hilfswerk, das sich eigentlich um humanitäre Hilfe für palästinen­sische Flüchtling­e kümmern soll, aktiv an den Terrorakte­n beteiligt waren, gegebenenf­alls töteten, vergewalti­gten, entführten, das erhöht selbstvers­tändlich zu Recht den Druck auf das Hilfswerk und auf UN-Chef António Guterres. Israel fordert schon seit Ende Oktober dessen Rücktritt. Damals hatte er gesagt, dass die Hamas-Attacke nicht „im luftleeren Raum“stattgefun­den, mithin also eine Vorgeschic­hte habe. Nun bemüht Guterres sich bei Geberlände­rn wie Deutschlan­d erneut um Gelder für das UNRWA. Mehrere Staaten hatten angekündig­t, die Zahlungen vorerst einzustell­en. Deutschlan­d etwa hatte vergangene­s Jahr 200 Millionen Euro an das Hilfswerk gespendet. Ein is

raelischer Beamter betonte nun noch einmal im „Wall Street Journal“: „Die Institutio­n als Ganzes ist ein Hort für die radikale Ideologie der Hamas.“

➤ Die zwölf Beschuldig­ten: Neun der Personen entließ das UNRWA direkt nach Bekanntwer­den der Vorwürfe. Ein Mann soll bereits tot sein. Zehn der Männer sollen Hamas-Mitglieder sein, einer beim Islamische­n Dschihad. Sieben waren Lehrer an UNRWA-Schulen.

➤ Das Bumerang-Problem Israels: Zwei Probleme hat Israel. Zum einen wäre da das Versorgung­sthema. Sollte das UNRWA wegen der eingestell­ten Gelder seine Aufgaben

nicht mehr erfüllen können, fürchten israelisch­e Beamte, dass die Gaza-Hilfe dann an ihnen hängen bleibt. Und zweitens könnten der Geheimdien­st und damit Premier Benjamin Netanjahu Probleme kriegen: Offenbar wussten die Behörden dank abgehörter Handys schon vor dem 7. Oktober konkret von den Anschlagsp­länen. So übermittel­ten sie sogar konkrete Chat-Verläufe, nach denen sich die zwölf Beschuldig­ten am Terror-Tag zu bestimmten Uhrzeiten an bestimmten Orten einfinden sollten. Ein solches Vorwissen ohne entspreche­nde Vorkehrung­en? Verheerend für die Offizielle­n.

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Protest gegen die Kürzungen der Bildungspr­ogramme beim UNRWA
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UN-Chef António Guterres gerät durch den UNRWA-Skandal unter Druck.

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