„Walter muss jetzt den Schlüssel finden”
Ex-Nationalspieler Martin Harnik befürchtet, dass der HSV erneut scheitern könnte
Die Profis wirken mitunter ratlos, bei den Fans wächst die Skepsis. Ist der HSV erneut unaufsteigbar? Nach dem Nackenschlag gegen den KSC (3:4) wartet am Samstag in Berlin die nächste harte Prüfung. Sport-1-Experte Martin Harnik, der live dabei sein wird, weiß, was auf den HSV zukommt: „Der Druck ist ohnehin größer als bei den Konkurrenten und jetzt nochmal gestiegen. Damit klar zu kommen, wird nicht leicht sein.“
Harnik kennt all das gut aus seiner eigenen HSV-Zeit. In der Saison 2019/20 kickte der Ex-Nationalspieler (68 Länderspiele für Österreich) im Volkspark, scheiterte mit seinen Kollegen am großen Ziel. „Du gehst als HSV-Profi in jedes Spiel mit der Bürde, aufsteigen zu müssen“, sagt er. „Das weißt du in dem Moment, in dem du beim HSV unterschreibst. Aber gerade wenn es nicht so läuft, ist das eine sehr hohe Belastung.“Die hat durch die jüngste Heimpleite zugenommen. Kernthema des HSV ist die fehlende defensive Stabilität. Das sieht auch Harnik so. „So abgedroschen es klingt: Du gewinnst in der Offensive Spiele – aber in der Defensive Meisterschaften. 2017 sind wir mit Hannover vor allem aufgestiegen, weil wir mit Salif Sané einen alles überragenden Abwehrspieler hatten.“Mit nur 32 Gegentoren stellte 96 am Ende die beste Defensive der Liga.
Der HSV hat aktuell nach 19 Spielen bereits 26 Treffer geschluckt. Keine Spur von defensiver Stabilität und einer größeren Balance, dabei waren das die Kernthemen der Winterpause.
„Natürlich fällt Sebastian Schonlaus Ausfall brutal ins Gewicht“, weiß Harnik. „Dem HSV mangelt es komplett an Stabilität.“Auch die
Jubelarien nach dem 2:0 zum Rückrundenstart auf Schalke gingen dem 36-Jährigen zu weit: „Ganz objektiv betrachtet, hatte der HSV da auch reichlich Spielglück und Schalke sehr viele Chancen. Am Ende aber geht es ja darum, gar nicht erst so viele
Chancen des Gegners zuzulassen.“
Da sprechen die Zahlen gegen den HSV. 39 Torschüsse ließen die Hamburger in den ersten beiden Rückrundenpartien zu, mehr als jeder andere Zweitligist. Nur Kiel kommt auf denselben Wert. Klar ist: Mit jedem Misserfolg gerät Tim Walter stärker in Bedrängnis, trotz der Treueschwüre seiner Bosse im Winter. „Vielleicht ist er manchmal etwas machtlos, das ist Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann auch schon passiert“, meint Harnik. „Unterm Strich aber ist es Walters Aufgabe, das Maximale aus seinen Spielern heraus zu holen. Er muss jetzt den Schlüssel finden. Gelingt ihm das nicht, kann es jetzt schnell eng werden für ihn. Am Ende sprechen wir über einen Ergebnissport.“Harnik, der gemeinsam mit Ex-Profi Max Kruse den wöchentlichen Podcast „Flatterball“betreibt und auch dort Klartext spricht, weiß um die Zweifel der HSV-Fans. „Ich sehe die Gefahr, dass sie es wieder nicht schaffen können“, sagt er. „Der HSV muss es schaffen, das macht es so schwierig. Aber nur mit einer tollen Offensive, die ohne jeden Zweifel aufstiegsreif ist, wird es nicht gelingen.“