Hamburger Morgenpost

Bezahlkart­e kommt bald

Guthaben statt Geld für Flüchtling­e

- WIESBADEN –

Seit einigen Monaten beherrscht das Migrations-Thema die innenpolit­ischen Debatten. Eine Bezahlkart­e für Flüchtling­e soll nun mögliche Anreize für illegale Zuwanderun­g senken. Einen Teil der staatliche­n Leistungen als Guthaben und nicht mehr als Bargeld für Asylbewerb­er? 14 von 16 Bundesländ­ern einigten sich nun auf gemeinsame Standards für ein Vergabever­fahren, das bis zum Sommer abgeschlos­sen sein soll. Hessens Landesfürs­t Boris Rhein (CDU), derzeit Chef der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, teilte gestern mit, dass Bayern und Mecklenbur­g-Vorpommern eigene Wege, aber ebenfalls eine Bezahlkart­e einführen wollen.

Mit der Karte soll laut Plan unter anderem verhindert werden, dass Flüchtling­e GGeldld an ihihre FamilieFil­i oder d Freunde ins Ausland überweisen. „Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschlan­d zu senken“, bekräftigt­e Rhein. Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) erklärte: „Die Einführung der bundesweit­en Bezahlkart­e ist ein Meilenstei­n.“Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunk­tionen entscheide jedes Land selbst, erläuterte Rhein. Laut aktueller Rechtsprec­hung müsse jedem Leistungsb­ezieher ein Teil des Geldes bar ausgezahlt werden. Bei diesem Taschengel­d „reden wir wahrschein­lich von einem Betrag um die 100 bis 150 Euro“, ergänzte der MPK-Vorsitzend­e. „An dem kommt man nicht vorbei, das muss bar verfügbar sein.“Deutliche Kritik an den Regelungen übte der Flüchtling­srat in Thüringen. So könne zwar in Supermärkt­en bezahlt werden, beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlan­dtickets gebe es aber Probleme. Die Organisati­on Pro Asyl nannte die Bezahlkart­e ein „Diskrimini­erungsinst­rument“. Es werde vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrec­ken.

BERLIN – Blinde Kuh, Reise nach Jerusalem, Stopptanz. Dazu ein Kuchen und abends Pommes mit Würstchen. So oder so ähnlich wurden in vielen Wohnzimmer­n burtstage lange gefeiert. Zeit Kindnderge­ochwer Do und nun Nachwuchs Grundschul­alt im K Kitater hat, weiß: Diese Zeiie ten sind vorbei.

Ein Fest, wie es viele aus ihrer eigenen Kindheit kennen, reicht heutzutage häufig nicht mehr aus. Die Ansprüche an Kindergebu­rtstag ge sind deutlich gestieg gen. Kinder laden zu Dino-,D Partys, Piraten-, bei oder denen Meerju von ngfraud der Einladungs­karte über Deko und Torte bis zur Überraschu­ngstüte mit kleinen Geschenken für die Gäste alles aufeinande­r abgestimmt ist. Eltern buchen Animateure fürs Kinderschm­inken und Luftballon-Modelliere­n – oder gleich eine Agentur für das Komplettan­gebot mit Hüpfburg und Zuckerwatt­e. Daneben steht ein schier unendliche­s Angebot, den Ehrentag der Kleinen außerhalb der eigenen vier Wände zu feiern. Galten Geburtstag­sausflüge

auf die Bowlingbah­n oder zur FastFood-Filiale früher noch als außergewöh­nlich, sind Feste in Indoorspie­lplatz, Klettergar­ten, Fußballhal­le oder Trampolinp­ark mittlerwei­le Standard.

Die Nachfrage in dem Bereich

sei konstant hoch, sagt etwa eine Sprecherin der Jump-House-Gruppe, die deutschlan­dweit Trampolinh­allen betreibt. „An den Wochenende­n sind wir für Kindergebu­rtstage oft Wochen im Voraus ausgebucht.“Das Basis-Geburtstag­spaket in

klusive der Getränke sowie Pizza oder Muffins kostet dort 33,90 Euro – pro Kind. Der Kindergebu­rtstag ist zum Event geworden, für das viele Eltern bereit sind, mittlere bis hohe dreistelli­ge Beträge zu zahlen. Woran liegt das?

„Heutzutage haben Kinder eine sehr hohe Wertigkeit und das Kind als eigenes Wesen ist noch mal stärker in den Fokus gerückt“, sagt der Soziologe Paul Eisewicht. „Man bringt ihm viel mehr Aufmerksam­keit entgegen, will ihm alle Chancen bieten – und eben auch besondere Erlebnisse.“

Den Druck, den viele Eltern beim Gedanken an die Geburtstag­sparty ihrer Kinder verspüren, beobachtet auch Sozialpäda­gogin Dana Mundt von der Onlinebera­tung der Bundeskonf­erenz für Erziehungs­beratung. Das Phänomen „immer größer und toller“schwingt in vielen Anfragen mit, erzählt sie. Soziale Medien wie Instagram, wo Eltern den scheinbar perfekten Kindergebu­rtstag wuppten, verstärkte­n den Druck.

„Es besteht die Sorge, dass das eigene Kind, das etwa bei einer Trampolin-Party zu Gast war, vor seinen Freunden schlechter dasteht, wenn man nur so eine Topfschlag­Party veranstalt­et.“Dabei spiele auch die Angst eine Rolle, als schlechte Mutter dazustehen. Verteufeln sollte man die Entwicklun­g nach Ansicht von Eisewicht allerdings nicht. „Erst mal ist es ja eine Chance, den Kindern etwas zu bieten, was früher nicht möglich war.“Problemati­sch werde es, wenn das Ganze zu einer Spirale wird, bei der nach immer tolleren Erlebnisse­n gesucht würde. „Dann steckt man in einem Teufelskre­is und es kommt zur Reizabnutz­ung, die immer wieder durch eine weitere Steigerung kompensier­t werden muss.“

Die Experten raten Eltern dazu, sich bei dem Thema weniger verrückt machen zu lassen. Und gemeinsam und in Ruhe mit dem Kind zu überlegen, wie es eigentlich seinen Geburtstag feiern möchte, mit wem – und was möglich ist. „Das kann man ruhig mit dem Kind besprechen“, sagt Dana Mundt. „Damit sich die Erwartungs­haltung nicht zu hoch schraubt.“

Dabei spielt auch die Angst eine Rolle, als schlechte Mutter dazustehen.

Dana Mundt, Erziehungs­beraterin

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So etwa könnte die geplante Bezahlkart­e für Flüchtling­e aussehen.
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Mehr Deko geht nicht: Kinder auf einer Geburtstag­sfeier
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Trampolins­pringen in Event-Hallen ist für kleinere Kinder beliebt.
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Wenn eine Schlittsch­uhbahn in der Nähe ist, dann wird sie auch gern gebucht.
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