Hamburger Morgenpost

Die schrecklic­hen Details einer Geiselnahm­e

Täter hielt Frau drei Tage lang gefangen. Gefesselt und geknebelt

- DANIEL GÖZÜBÜYÜK daniel.goe@mopo.de

Mehr als drei Tage hielt er sie in einer verlassene­n Kieler Kaserne fest. Er veröffentl­ichte ein Instagram-Foto seiner geknebelte­n Gefangenen, die Todesangst gehabt haben muss. Schließlic­h überwältig­ten Spezialkrä­fte Danial A. (27). Nun sind neue schrecklic­he Details über die Geiselnahm­e bekannt geworden. Die Staatsanwa­ltschaft hat inzwischen Anklage gegen den Mann erhoben, der für die Behörden kein Unbekannte­r ist.

Sie hockte gefesselt neben einer Heizung, über ihren Mund hatte der Mann Panzertape geklebt, als Polizisten die Kaserne im vergangene­n September stürmten. Die 29-Jährige aus Rendsburg war zu diesem Zeitpunkt schon seit drei Tagen in der Gewalt des 27-Jährigen. Beide kannten sich nur flüchtig, waren keine engeren Freunde oder gar ein Paar.

Danial A. soll die Frau gestalkt haben, ihr nachgestel­lt, sie sogar vor der Tat mit einem Cricket-Schläger angegriffe­n haben – seine Wut war offensicht­lich aus ihrer Ablehnung entstanden, heißt es in Ermittlerk­reisen. Zu der Zeit wurde gegen ihn bereits wegen Vergewalti­gung ermittelt.

Wegen „fehlender rechtliche­r Voraussetz­ungen“sei ein Haftbefehl zunächst nicht beantragt worden, erklärt Michael Bimler von der Staatsanwa­ltschaft. Die Aussagen des Opfers seien zu Beginn „diffus“gewesen, A. habe zudem erst später gestanden. Weil er nicht vorbestraf­t war, sahen die Beamten von einem Haftbefehl ab. Es habe in der damaligen Einschätzu­ng schlicht keine Haftgründe gegeben, so Bimler. Rückblicke­nd fatal – denn so hätte die Tat wohl verhindert werden können.

Danial A. soll die 29-Jährige während der Geiselnahm­e auf dem Gelände des Marineflie­gergeschwa­ders im Kieler Stadtteil Holtenau mehrfach vergewalti­gt haben. Das gab die Staatsanwa­ltschaft am Mittwoch bekannt. Er müsse sich wegen insgesamt elf Straftaten verantwort­en; in der Anklage seien auch frühere Angriffe und die bereits bekannte Vergewalti­gung berücksich­tigt worden.

„Das Gericht hat über die Eröffnung des Hauptverfa­hrens noch nicht entschiede­n“, sagte eine Sprecherin der Kieler Staatsanwa­ltschaft. Der Tatverdäch­tige befinde sich nach vor in U-Haft. Er muss bei einer Verurteilu­ng mit einer mehrjährig­en Gefängniss­trafe rechnen.

Interessan­t wird dabei auch die Einschätzu­ng des mentalen Gesundheit­szustandes des

Mannes sein. In ersten Vernehmung­en sollen seine Aussagen nach MOPO-Informatio­nen teils nicht konkret, wirr und schwer zu verstehen gewesen sein. Das trifft auch auf den Text unter dem Instagram-Foto zu, das er von seinem Opfer veröffentl­ichte. Darin schreibt Danial A. sinngemäß, dass das alles kein Ende nehme und er sich nicht mehr unter Kontrolle habe.

Das Verschwind­en der 29-Jährigen war zunächst durch eine Nachricht ihres Ex-Mannes bekannt geworden: Dieser hatte die Polizei darüber informiert und die Frau als vermisst gemeldet. Das gemeinsame Kind war zu der Zeit in der Obhut des Vaters.

Im Zuge der Ermittlung­en lokalisier­ten die Polizisten die Frau und ihren Entführer auf dem Gelände in Kiel – wie genau, das wollte man aus „taktischen Gründen“nicht sagen. Zunächst wurde der Mann von den Ermittlern ausgespäht, weil nicht klar war, wo genau die Frau sich befand. Als es ihr aber gelang, an ein Handy zu kommen und einen Notruf abzusetzen, konnte der genaue Standort geortet und der Zugriff durch Spezialkrä­fte eingeleite­t werden.

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Die 29-Jährige aus Rendsburg auf einem privaten Foto mit Kind im Arm. Sie kannte ihren Entführer nur flüchtig.
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 ?? ?? Spezialkrä­fte stürmten das Gebäude auf dem Kieler Kasernenge­lände. Dann überwältig­ten sie Danial A.
Spezialkrä­fte stürmten das Gebäude auf dem Kieler Kasernenge­lände. Dann überwältig­ten sie Danial A.
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