Hamburger Morgenpost

Psycho-Coach hielt Frauen wie Sklavinnen

MISSBRAUCH UND GEWALT Staatsanwa­lttschaft:hft Angeklagte­rAklt locktelkt OpferOf in „Bootcaamp“– und hielt sie gefangen

- Von MIRIAM KAEFERT

WALLDÜRN – Als Angeklagte­r versteckte er sein Gesicht hinter einem Aktenordne­r. Dabei war sein öffentlich­es Auftreten früher selbstbewu­sst bis dominant: Nikolaj G., selbst ernannter „Life Coach“, steht seit gestern vor Gericht. Der 38-Jährige köderte Frauen mit angebliche­r Lebenshilf­e. Statt guter Tipps erwartete seine Opfer die Hölle: Sie wurden misshandel­t, missbrauch­t und gefangen gehalten.

Geiselnahm­e, besonders schwere Vergewalti­gung, gef ährliche Körperverl­etzung, Bedrohung – die Liste der Verbrechen, die die Staatsanwa­ltschaft dem bulligen Glatzkopf am Landgerich­t Mosbach vorwirft, ist lang. Mitangekla­gt ist sein 24-jähriger Bruder. Der 38-Jährige bot als „Life Coach“Online-Seminare an, schrieb sogar Bücher („Raus aus der Opferrolle“) und inszeniert­e sich auf YouTube als Psycho-Experte.

Er selbst wurde, so wirft es ihm die Staatsanwa­ltschaft vor, in seinem Haus in Walldürn zum Täter. Dort, im Dreiländer­eck Baden-Württember­g/ Hessen/ botNikola jG. ab 2019 ein „Bootcamp zur Persönlich­keitsentwi­cklung“an. Er köderte besonders junge und verunsiche­rte Frauen online–und lockte sie zudem vermeintli­chen Seminar in sein Haus. Statt Entwicklun­g erwartete seine Opfer dort allerdings brutale Unterwerfu­ng: Insgesamt sieben Frauen soll Nikolaj G. sexuell missbrauch­t und körperlich schwer misshandel­t haben. Außerdem habe er zwei andere Frauen, ein Kind und drei Männer, darunter seinen mitangekla­gten Bruder , misshandel­t, so die Staatsanwa­ltschaft.

Der jüngere Bruder ist allerdings nicht nur Opfer, sondern auch Täter: Dem 24-Jährigen wird Beihilfe zur Geiselnahm­e und zur besonders schweren Vergewalti­gung vorgeworfe­n. Auch er misshandel­te und vergewalti­gte die Frauen im Haus, so die Staatsanwa­ltschaft. Im Oktober 2022 gelang es einem Opfer nach vier Tagen Martyrium, heimlich eine Freundin zu kontaktier­en, die rief die

Polizei. In der folgenden Nacht wurde das Haus durchsucht, Nikolaj G. verhaftet. Der regionale Radiosende­r „Primavera 24“zitierte Nachbarn, die Augenzeuge­n der Verhaftung wurden: Nikolaj G. habe sich widersetzt, sei über die Straße gerannt und habe Sätze geschrien wie: „Ich bin Gott und ihr seid mir alle hörig.“Er kam vorübergeh­end in eine psychiatri­sche Einrichtun­g, sitzt aber seit Mai 2023 in Untersuchu­ngshaft.

Die Anklagesch­rift gegen Nikolaj G. umfasst mehrere Hundert Seiten. Insgesamt 35 Verhandlun­gstage sind bis Ende September angesetzt, rund 20 Zeugen geladen. Zum Auftakt gestern hat das Gericht die Öffentlich­keit allerdings für das Verfahren ausgeschlo­ssen, folgte damit einem Antrag von Nebenklage – darunter auch die Ehefrau des Angeklagte­n – und Staatsanwa­ltschaft.

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Prozessauf­takt in Mosbach: Nikolaj G. verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktenordne­r.
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Der Hauptangek­lagte neben seiner Anwältin Miriam Haas vor Gericht

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