Hamburger Morgenpost

„Gefährlich­es Gift für den Zusammenha­lt“

SPD-NEUJAHRSEM­PFANG Bürgermeis­ter Tschentsch­er und Ehrengast Barley fordern Schultersc­hluss der Demokraten

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

So unbeschwer­t wie sonst wollte die Stimmung beim SPD-Neujahrsem­pfang im Rathaus einfach nicht werden – zu sehr drückt das Erstarken rechtsextr­emer Kräfte den Genossen aufs Gemüt. Das konnte auch der Ehrengast Katarina Barley, Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, nicht ausblenden. Sie legte den Fokus ihrer Rede zwar optimistis­ch auf die vielen Demos gegen rechts – gleichzeit­ig sprach sie aber auch eine deutliche Warnung aus.

„Die AfD ist aufgefloge­n“, sagte Katarina Barley in ihrer Rede vor den rund 1100 anwesenden Gästen im Festsaal des Rathauses. Die aktuellen Demonstrat­ionen gegen Rechtsextr­emismus gingen ihr „sehr nah“. Auslöser war ein Bericht des

Medienhaus­es Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservati­ven Werte-Union teilgenomm­en hatten.

„Ich bin noch nie so stolz nach Brüssel gefahren, denn solche Demonstrat­ionen gibt es in anderen europäisch­en Ländern nicht“, so Barley. Gleichzeit­ig warnte sie eindringli­ch vor dem Erstarken rechtsextr­emer

Kräfte und der AfD. „Genau so hat es begonnen, dass es eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die sich für etwas Besseres halten und die dann selber definieren wollen, wer deutsch ist und wer nicht“, sagte sie. SPD-Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er ging in seiner Rede ebenfalls auf die Ereignisse in Potsdam und die Proteste ein. Der Charakter des Neujahrsem­pfangs sei eigentlich „gute Laune“, aber das „ist nicht ganz so leicht in diesen Zeiten“.

Tschentsch­er nannte die Aktivitäte­n von rechts ein „ganz gefährlich­es Gift für die Entwicklun­g unseres Landes und den sozialen Zusammenha­lt“. Gleichzeit­ig betonte er, „wir dürfen uns nicht erzählen lassen, dass alles von morgens bis abends immer schlechter wird“. Es gebe keinen Grund für Depression oder Pessimismu­s in Hamburg. „Unsere Demokratie lebt von der Unterstütz­ung und Mitwirkung der Bürgerinne­n und Bürger. In stürmische­n Zeiten brauchen wir alle an Deck.“Vor der Tür des Rathauses hatte das neugegründ­ete Hamburger Netzwerk „Recht auf Migration“zu einer Kundgebung aufgerufen.

Unter dem Motto „Hand in Hand gegen Rechtsruck und rassistisc­he Politik“versammelt­en sich die Menschen auf dem Rathausmar­kt. Die Teilnehmer­zahl lag nach Angaben von Polizei und Veranstalt­ern im unteren dreistelli­gen Bereich. Die Demonstran­ten richteten sich nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die Parteien der AmpelKoali­tion – diese würden nach Ansicht der Veranstalt­er eine „entmenschl­ichende Politik der Rechten“umsetzen. Mehrere Teilnehmer kamen auch mit Palästina-Flaggen zum Rathausmar­kt.

Wie will Barley diese Menschen wieder mitnehmen? „Ich will die gerne mitnehmen, aber ich finde das in Zusammenha­ng mit den Demonstrat­ionen zu stellen sehr schwierig“, sagte Barley der MOPO. „Bei den Demos sollten alle Demokratin­nen und Demokraten zusammenst­ehen.“Sie erzählt, dass es bei einer Demo am Samstag in Berlin auch durchgehen­d gegen die Ampel und die Union gegangen sei. „Das kann man machen, aber ich finde, dafür sollte es andere Anlässe geben als diese Demonstrat­ionen“, so Barley.

Ich bin noch nie so stolz nach Brüssel gefahren, solche Demonstrat­ionen gibt es in anderen europäisch­en Ländern nicht. Katarina Barley (SPD)

 ?? ?? Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er beim Neujahrsem­pfang der SPD im Rathaus
Vor dem Rathaus demonstrie­rte das Netzwerk „Recht auf Migration“gegen die Politik der Ampel-Koalition.
Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er beim Neujahrsem­pfang der SPD im Rathaus Vor dem Rathaus demonstrie­rte das Netzwerk „Recht auf Migration“gegen die Politik der Ampel-Koalition.
 ?? ?? Katarina Barley, Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, war Ehrengast beim SPD-Neujahrsem­pfang.
Katarina Barley, Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, war Ehrengast beim SPD-Neujahrsem­pfang.
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany