Hamburger Morgenpost

Hundeangri­ff und kein sexueller Übergriff?

Gericht: 38-Jähriger angeklagt. Seine Erklärung klingt abenteuerl­ich – und hat mit Kokain zu tun

- Von ERWIN HITZLER

Er soll einen sexuellen Übergriff begangen haben. Massi A. streckt beide Arme weit von sich, vor seinen Körper. „Solche Sachen mache ich nicht!“, sagt er. Der 38-Jährige steht seit gestern vor dem Landgerich­t. Laut Staatsanwa­ltschaft soll er versucht haben, eine Frau in ein Gebüsch zu zerren. Er hingegen sagt: Der Hund der Frau habe ihn angefallen, er habe sich nur gewehrt.

Es geht um eine Tat, die sich am 29. September vergangene­n Jahres in Wilhelmsbu­rg zugetragen hat. Die Staatsanwa­ltschaft glaubt, dass der Angeklagte einer Frau „Komm mal zu mir!“zurief, sie in Richtung eines Gebüsches zerrte und sie im Intimberei­ch berührte.

Mitarbeite­r der Stadtreini­gung und Passanten hörten den Hilfeschre­i der 31-Jährigen und kamen dem mutmaßlich­en Opfer zu Hilfe. Sie riefen die Polizei, die den Angeklagte­n festnahm. „Hier geht es eigentlich um den Hund!“, so Massi A. Er habe sich nur verteidigt, sagt er vor Gericht.

„Ich wollte nach Hamburg, um hier etwas zu unternehme­n“, so der Angeklagte. Er fuhr von Salzhausen in die Hansestadt, hob 1000 Euro von seinem Konto ab, kaufte fünf Gramm Kokain. Im Ernst-AugustStie­g setzte er sich gegen 1 Uhr morgens auf eine Parkbank, sagt er.

Was dann passiert sein soll, schildert er so: Er habe auf der Bank gekokst, neun Stunden lang. Dann hörte er, wie ein Hund ein kleines Tier fraß. Er ging auf das Geräusch zu. Vor Gericht beschreibt er den Hund als Bestie: blutversch­mierte

Schnauze, zwei lange Reißzähne. Dreimal biss er Massi A. angeblich in die Wade. Er habe panische Angst bekommen. In seiner Version der Geschichte packte er das Frauchen, das neben ihm auf der Parkbank saß, und benutzte es als menschlich­en Schutzschi­ld. Das Gericht befragt A. an diesem Montag etwa zwei Stunden lang. Jedes Detail seiner abenteuerl­ich wirkenden Geschichte wollen Richter, Richterinn­en und Staatsanwä­ltin wissen. Der Angeklagte wirkt manchmal verzweifel­t. Manchmal widerspric­ht er sich – oder

Feinheiten gehen in der Übersetzun­g verloren. A. ist den ganzen Prozess über emotional, einmal verliert er die Kontrolle. Einer der drei Richter fragt ihn, warum er überhaupt kokst. Er fängt an zu weinen. „Ich habe alles verloren“, sagt Massi A. Er nehme die Droge, um zu vergessen, dass er alleine in einem fremden Land lebt.

Das mutmaßlich­e Opfer sagte am Montag ebenso aus. Bei der Aussage der 31-Jährigen wurde die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen. Der Prozess wird Freitag fortgesetz­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany