Hamburger Morgenpost

Drama um „SZ“-Journalist­in

Vize-Chefin nach Plagiatsvo­rwürfen vermisst

- VON MIRIAM KAEFERT

BRAUNAU – Dieser Fall beschäftig­t nicht nur die Medienwelt: Es geht um Plagiatsvo­rwürfe, Verdächtig­ungen – und die verzweifel­ten Konsequenz­en, die die Beschuldig­te daraus zieht. Ein Fall, der vor allem menschlich tragisch ist.

Was genau ist passiert? Vergangene Woche machte der österreich­ische Gutachter Stefan Weber öffentlich, dass er in Beiträgen und in der Dissertati­on der Journalist­in Alexandra Föderl-Schmid Plagiate entdeckt habe: Die Vize-Chefredakt­eurin der „Süddeutsch­en Zeitung“(SZ) habe Quellennac­hweise nicht klar gekennzeic­hnet. Die Reaktion: große Bestürzung. Die Beschuldig­te erklärte ihren Rückzug aus dem Tagesgesch­äft.

Kurz darauf wurde bekannt, wer Webers Recherche beauftragt und bezahlt hatte: das rechtspopu­listische Portal „Nius“. Dessen prominente­s Gesicht ist Ex-„Bild“Chef Julian Reichelt. In der Branche hieß es, die öffentlich­en Vorwürfe gegen die „SZ“-Frau glichen einer „Kampagne“. Am Donnerstag der Schock: Die Landespoli­zeidirekti­on Oberösterr­eich bestätigte einen Sucheinsat­z am Inn. Die Vermisste: Alexandra Föderl-Schmid. Am Ufer war unter anderem das Auto der 53-Jährigen gefunden worden. Darin mehrere Nachrichte­n, die man als Abschiedsb­riefe auffassen könnte.

Nur Stunden vorher hatte Plagiatsjä­ger Weber auf X (früher Twitter) eine persönlich­e Mail von Föderl-Schmid veröffentl­icht. Ihre Worte: „Ich habe viel über Medien, Mechanisme­n, Menschen und Geschäfte gelernt. Zumindest diese Jagd ist vorbei.“Er kommentier­te das so: „Ich bin gespannt, was ,vorbei‘ ist und wer hier genau wen ,jagt‘“. Als bekannt wurde, dass Föderl-Schmid vermisst wird, löschte er den Beitrag. Die groß angelegte Suche blieb am Donnerstag ohne Ergebnis, schlimmste Befürchtun­gen schienen sich zu bestätigen: Hatte Föderl-Schmid sich aus Verzweiflu­ng zum Suizid entschloss­en? Am Freitagvor­mittag dann die erlösende Nachricht: Die Vermisste wurde unter einer Brücke am Inn nahe Braunau gefunden. Stark unterkühlt, geschwächt, aber: am Leben. Als „SZ“-Chef Wolfgang Krach das der Redaktion mitteilte, hatte er laut Anwesenden Tränen in den Augen. Dies sei der „schönste Tag in den letzten 20 Jahren der ‚Süddeutsch­en Zeitung‘“.

 ?? Eventpress alliance/ picture Foto: ?? Die Vize-Chefredakt­eurin der „SZ“, Alexandra Föderl-Schmid, in einer Talkshow
Eventpress alliance/ picture Foto: Die Vize-Chefredakt­eurin der „SZ“, Alexandra Föderl-Schmid, in einer Talkshow

Newspapers in German

Newspapers from Germany