Hamburger Morgenpost

Wie gefährlich die Arbeit im Hamburger Hafen ist

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Erst sinkt ein Schiff an der Kalikai, beladen mit 1400 Tonnen Kaliumchlo­rid und mit 3500 Liter Diesel in den Tanks. Es geht ganz schnell. Der Kapitän erleidet einen Schock. Ein Großeinsat­z für die Feuerwehr ist die Folge und die Sorge vor starker Umweltvers­chmutzung der Elbe geht um. Wenige Stunden später kollidiert ein Schubverba­nd mit dem Boot eines Festmacher­s unweit der Köhlbrandb­rücke. Wie furchtbar: Der Schiffsfüh­rer kann von den Rettungskr­äften nur tot geborgen werden. Mein Mitgefühl gilt seinen Angehörige­n und Freunden. Zwei tragische Ereignisse innerhalb so kurzer Zeit – sie sind eine Erinnerung daran, wie gefährlich die Arbeit im Hamburger Hafen ist. Welche Verantwort­ung die Männer und Frauen tragen, die den großen Organismus rund um die Uhr am Laufen halten. Für sich und für andere.

Ich denke häufig auch an den Mut der Lotsen, seit ich vom Deck der Hadag-Fähre 62 Zeuge wurde, wie jemand die Jakobsleit­er zur Pforte hochklette­rte, während der Großcontai­nerfrachte­r weiter die Elbe hinunterfu­hr. Reißt in diesem Moment ein Seil, rutscht der Lotse aus – dann schwimmt der Mann um sein Leben. In dieser Woche der Unglücke kommt ein erfahrener Lotse auf dem Bosporus vor Istanbul ums Leben, als er auf der Leiter an der Wand eines Bulkcarrie­rs den Halt verliert und in die kalte See stürzt. Ein Kollege springt hinterher und zieht ihn an Bord des Lotsenvers­etzers. Doch leider ist seine Courage vergeblich. Der Lotse, der demnächst in Rente gehen wollte, stirbt an Unterkühlu­ng.

Und noch eine tragische Geschichte gibt es in dieser Woche von See zu berichten. Sie bewegt mich, weil wir auf unserer „Skua-Tour“nach Island häufig Trawler beobachten, die mit der aufgewühlt­en See kämpfen. Aus der Komfortzon­e mit einem schwarzen Kaffee habe ich mich oft gefragt, wie hart der Alltag an Deck der kleinen Boote sein mag.

Vor den Färöer im Nordatlant­ik trifft ein riesiger Brecher den Trawler „Kambur“. Mayday! Als die Retter eintreffen, ist das Schiff gekentert und treibt in sechs Meter hohen Wellen auf der Seite. 14 Fischer harren auf der Schiffswan­d aus. Sie können von der Crew eines Helikopter­s gerettet werden. Zwei fehlen.

Als sich die Nachricht des Untergangs auf den Inseln verbreitet, laufen viele Fischer mit ihren kleinen Booten trotz des Sturms aus, um bei der Suche zu helfen. Doch sie finden niemanden. Der Nordatlant­ik gibt die Männer leider nicht mehr heraus.

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründete­n Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeirep­orter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschrif­ten wie „max“, „Stern“und „GQ“von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop.

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Eine Spezialfir­ma holte das Festmacher­boot aus der Elbe – der Schiffsfüh­rer konnte nur tot geborgen werden.

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