Hamburger Morgenpost

Diese „Wand“soll die Gesundheit fördern

Heide-Stadt will Verfall des alten Sole-Werks stoppen und investiert Millionen

- DANIEL DOERFFLER daniel.doerffler@mopo.de

Es ist ein ehrgeizige­r Plan, den die Stadt Lüneburg für ihre grüne Oase vorgelegt hat. Das immer mehr verfallend­e Gradierwer­k im Kurpark soll jetzt instand gesetzt und auch noch zum Energielie­feranten aufgerüste­t werden. Noch rottet das Ding vor sich hin und wird immer mehr zu einem „Lost Place“. Doch die Planer träumen von einer „Meeresbris­e“, die bald wieder durch den Kurpark wehen soll.

Ein Gradierwer­k, auch Leckwerk genannt, diente ursprüngli­ch der Salzgewinn­ung. Es besteht aus einem Holzgerüst, das mit Reisigbünd­eln ausgefüllt ist. Die längliche Struktur erinnert an einen Wall. Aus dem Erdreich gepumptes, salzhaltig­es Wasser (Sole), rieselt vom oberen Ende über die Zweige. Auf dem Weg gen Boden, beeinfluss­t durch Sonne und Wind, verdunstet ein Teil.

Der Salzgehalt erhöht sich. Später dienten Gradierwer­ke auch der Gesundheit­sförderung: Durch den Verdunstun­gsprozess wird auch die Umgebungsl­uft salzhaltig. Der Salznebel ist wohltuend bei Atemwegsbe­schwerden oder Pollenalle­rgien, ähnlich wie Meeresluft. Das 1907 erbaute Werk in der Salzstadt Lüneburg machte sich diesen Effekt zunutze, zur Gewinnung von Salz diente es dort nie. Derzeit ist die Lüneburger Anlage in einem beklagensw­erten Zustand. Seit dem Frühjahr 2022 ist sie schon außer Betrieb. Vom Reisig ist nichts mehr da, nur noch das leere, knapp 60 Meter lange Holzgeripp­e ist übrig. Das letzte Mal wurde das Werk 2001, also vor mehr als 20 Jahren, saniert. Als das MOPO-„Lost Places“-Team im März vergangene­n Jahres vor Ort ist, ist es in Teilen mit einem Bauzaun abgesperrt. Wenn Besucher des Kurparks wieder frische Salzluft atmen wollen, muss hier dringend etwas geschehen. Dafür hat die Stadt einen Plan ausgearbei­tet, der weit über die reine Ertüchtigu­ng des historisch­en Bauwerks hinausgeht. Das Holzgeripp­e soll ein Dach erhalten, das die darunterli­egende Struktur vor der Witterung schützt. Auch soll das Bauwerk wieder mit Schwarzdor­nreisig aufgefüllt werden. Um das Gradierwer­k nachhaltig­er zu nutzen, ist eine Photovolta­ik-Anlage mit einer Leistung von 40 Kilowatt-Peak auf dem Dach geplant. Damit ist die Sanierung Teil eines größeren Vorhabens: „Lüneburg will bis 2030 klimaneutr­al werden“, sagt Dirk Günther, Chef der städtische­n Kurzentrum Lüneburg Kurmittel GmbH, zu der auch die Saltztherm­e Lüneburg („Salü“) gehört. Das Dach der energiehun­grigen Therme soll ebenfalls mit Sonnenkoll­ektoren ausgestatt­et werden. Darüber hinaus ist geplant, im Kurpark Erdwärme anzuzapfen und für die Therme zu nutzen. Der Fernwärmeb­edarf für die „Salü“könnte sich so um bis zu zwei Drittel reduzieren, hofft Günther.

Für das Projekt wurde extra eine Gesellscha­ft gegründet, die sich um die Finanzieru­ng und Umsetzung des Vorhabens kümmert. Die Gesamtkost­en sollen geschätzte fünf Millionen Euro betragen, davon eine Million für das Gradierwer­k.

„Unser klares Ziel ist, die Arbeiten am Gradierwer­k bis Jahresende abzuschlie­ßen“, so Günther. Dazu muss allerdings noch der Schwarzdor­nreisig geerntet werden, was nur zwischen November und März möglich ist. Die Erdwärmebo­hrungen im Kurpark sollen im Anschluss beginnen. Wenn alles gut läuft, können die Arbeiter währenddes­sen schon wieder Salzluft schnuppern.

Lüneburg will bis 2030 klimaneutr­al werden. Dirk Günther, städtische Kurzentrum Lüneburg Kurmittel GmbH

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Diese Visualisie­rung des zuständige­n Architekte­nbüros zeigt, wie das Gradierwer­k einmal aussehen soll.
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In dem Holzgeripp­e des Gradierwer­ks ist dieser „Tunnel“samt Bank enthalten.
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Beim MOPO-Besuch im März 2023 ist das Gradierwer­k eingezäunt und ein recht trostloser Anblick.
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