Hamburger Morgenpost

Der 3-PunktePlan gegen das E-ScooterGen­erve

Düsseldorf geht drastisch gegen die Roller vor. Das Ziel: Höhere Sicherheit

- Von ANNALENA BARNICKEL

Kaum ein Verkehrsmi­ttel ist in so kurzer Zeit zu einem so großen Streitpunk­t in der Stadt geworden, wie die EScooter. 2019 wurden die ersten Roller in Hamburg angeboten und sollen ein Teil der Mobilitäts­wende sein. Viele Menschen empfinden sie allerdings als störend und gefährlich. Städte wie Düsseldorf wollen die Roller-Anbieter jetzt reduzieren und Langsamfah­rzonen errichten, um Fußgänger zu schützen. In Hamburg ist das allerdings nicht möglich – aus einem ganz bestimmten Grund.

11,3 Millionen Mal stiegen die Menschen in Hamburg im vergangene­n Jahr auf einen Leih-E-Scooter – viel häufiger als auf die roten Stadträder. Denn die elektrisch­en Roller haben einen praktische­n Vorteil: Im Gegensatz zum Stadtrad müssen sie nicht an festen Stationen ausgeliehe­n oder abgegeben werden – das geht bis auf wenige Ausnahmen an jeder Straßeneck­e. Dieses Konzept nennt sich „Free Floating“– deshalb stehen die Scooter aber laut einer Umfrage des ADAC auch ganz weit oben auf der Liste der Fußgänger-Ärgernisse. Das ist keine hamburgisc­he Besonderhe­it, auch andere Städte kämpfen gegen die EScooter-Flut – allerdings mit drastische­ren Mitteln. In Düsseldorf hat die Politik jetzt ein Drei-Punkte-Maßnahmenp­aket für die „stärkere Regulierun­g von E-Scootern“vorgestell­t. Erstens sollen bis zu 40 neue Stationen für elektrisch­e Roller und Räder aufgebaut werden, damit diese nicht mehr quer in der Gegend herumflieg­en. Zweitens plant die Stadt im ersten Halbjahr 2024 ein Vergabever­fahren, um die Anzahl der Anbieter von vier auf drei zu reduzieren. Diese müssen sich jeweils um einen Platz bewerben. Nach Ende des Verfahrens soll es dann nur noch maximal 8400 EScooter in der Stadt geben. Eine solche Obergrenze gibt es in Hamburg nicht, aktuell sind hier etwa 16.000 Roller im Stadtgebie­t verteilt. Auch ein vergleichb­ares Vergabever­fahren ist nicht geplant. Dabei finden das sogar die Anbieter sinnvoll. „Einerseits würde die Auslastung so besser und anderersei­ts besteht eine bessere Planbarkei­t“, sagt Patrick Grundmann, Sprecher vom E-Scooter-Verleiher „Tier“.

Der Grund dafür liegt laut Verkehrsbe­hördenspre­cher Dennis Heinert an einer gerichtlic­hen Definition. „Eine solche Ausschreib­ung setzt

die Einstufung der E-Scooter als ,Sondernutz­ung‘ voraus“, sagt er.

In Hamburg entschied das Oberverwal­tungsgeric­ht allerdings im Jahr 2009, vergleichb­are Mietfahrrä­der ohne feste Stationen als „Gemeingebr­auch“einzustufe­n. Und da die E-Scooter in Hamburg rechtlich im weitesten Sinne wie Fahrräder behandelt werden, gilt das eben auch für sie. So hat die Stadt „nur begrenzte regulative Möglichkei­ten“, erklärt Heinert. Auf Bundeseben­e setze sich die Behörde für einen einheitlic­hen Rechtsrahm­en ein. Alles, was Hamburg also bislang in Bezug auf E-Scooter unternomme­n hat, war in freiwillig­er Zusammenar­beit mit den Verleihern. Abstellflä­chen, ähnlich wie in Düsseldorf, gibt es bereits – allerdings erst 34 Stück im gesamten Stadtgebie­t. Künftig sollen es noch deutlich mehr werden.

Zudem ist eine Fußpatroui­lle der fünf in der Stadt tätigen Anbieter unterwegs. „Hotspots“sind etwa die Lange Reihe (St. Georg) oder die Schanze. „Zur Wahrheit gehört auch, dass die meisten Nutzer die Roller achtsam abstellen. Nur leider eben nicht genügend“, sagte ein Polizist zur MOPO.

Als dritten und letzten Punkt soll in der Düsseldorf­er Altstadt eine „Slow Speed Zone“errichtet werden. Dort wird die Geschwindi­gkeit der Scooter automatisc­h angepasst, um insbesonde­re Fußgänger zu schützen. In anderen EULändern sind solche Zonen bereits seit Längerem etabliert, die Gesetzesla­ge in

Deutschlan­d ermöglicht das allerdings (noch) nicht. Deshalb wird es jetzt erst einmal in einem Pilotproje­kt ausgeteste­t.

„Wir halten technische Drosselung vor allem in innerstädt­ischen Flanierzon­en grundsätzl­ich für sinnvoll, um die Verkehrssi­cherheit für alle zu erhöhen“, sagt Tim Schäfer, Sprecher des E-Scooter-Anbieters „Voi“. Er betont, dass das dann aber auch für alle Verkehrsmi­ttel gelten müsse. „Eine beruhigte Zone, durch die Leih-EScooter schleichen, aber private Scooter und Fahrräder rasen, hilft nicht wirklich.“

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 ?? ?? Häufiges Bild in der Stadt: E-Scooter werden so abgestellt, dass sie auf den Rad- oder Fußweg ragen.
Häufiges Bild in der Stadt: E-Scooter werden so abgestellt, dass sie auf den Rad- oder Fußweg ragen.
 ?? ?? Ein Mann nutzt einen E-Scooter in der Hamburger Innenstadt.
Ein Mann nutzt einen E-Scooter in der Hamburger Innenstadt.
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Hamburgs Verkehrsse­nator Anjes Tjarks (Grüne)
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In der Stadt gibt es mehr als 30 dieser Abstellsta­tionen, wie hier am Jungfernst­ieg.
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Ein Polizist notiert einen falsch abgestellt­en E-Scooter.

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