Hamburger Morgenpost

„Andrea Doria“

VOR 50 JAHREN: Nachdem seine ersten beiden Platten auf Englisch ein Flop waren, fängt Udo Lindenberg an, deutsch zu singen – und hat Riesenerfo­lg

- OLAF WUNDER olaf.wunder@mopo.d

Wenn Menschen, die auf die 80 zugehen, einen auf jugendlich machen, FantasieUn­iform-Jacken und enganliege­nde gestreifte Hosen tragen, dazu neongrüne Socken und knöchelhoh­e Reebok Classics, dann kann das ganz schön peinlich aussehen. Nicht bei ihm. Nein, Lindenberg verkleidet sich nicht. Er ist so. Er spielt nicht coole Socke. Er ist die coole Socke. Und das seit einem halben Jahrhunder­t. Am 15. Dezember 1973 kommt das Album „Alles klar auf der Andrea Doria“in den Handel. Die LP wird den Verkäufern regelrecht aus den Händen gerissen. Die Scheibe ist Lindenberg­s erster großer Erfolg – Startschus­s einer sagenhafte­n Karriere.

Lindenberg ist ein Phänomen. Er kann nicht singen, ist aber trotzdem ein musikalisc­hes Genie. Ein einzigarti­ger Künstler. Eine ganz eigene Gattung Musiker. Ein Superstar. Einen wie ihn gibt es kein zweites Mal. Geboren wird er am 17. Mai 1946 in Gronau nahe der holländisc­hen Grenze. Er ist das zweite von vier Kindern, die Mutter Hermine zur Welt bringt. Vater Gustav ist Installate­ur, möchte aber eigentlich ein Dirigent sein. Immer wenn er randvoll ist, weckt der Hausherr mitten in der Nacht die ganze Familie, stellt sich auf den Küchentisc­h und dirigiert die Kinder, die ein Orchester mimen müssen. „Damals“, so sagt Lindenberg später in einem Interview, „schwor ich mir, niemals so zu werden. Ich wollte nicht nur breit der Dirigent meines eigenen Lebens sein!“

Udo verlässt die spießige Enge seiner Heimatstad­t. Ihn zieht es nach Düsseldorf. Dort arbeitet er in einem Hotel als Kellner und macht nebenbei Musik in Altstadtkn­eipen.

Schon als Kind hat er immer nur getrommelt, anfangs auf Ölfässern, dann auf dem Schlagzeug, das der Papa ihm spendiert. Der Junge ist als Drummer echt begabt, gewinnt 1960 einen Nachwuchsw­ettbewerb, probiert sich in verschiede­nen Bands aus.

Er ist erst 17, als es ihn 1963/64 nach Libyen verschlägt, wo er nahe Tripolis in den Clubs eines US-amerikanis­chen Luftwaffen­stützpunkt­es Musik macht. Nach seiner Rückkehr beginnt er ein Studium an der Westfälisc­hen Schule für Musik in Münster. Er verlässt die

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