Hamburger Morgenpost

1.5 Millionen Menschen in der Falle

RAFAH-OFFENSIVE Angriff Israels in Süd-Gaza steht kurz bevor

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RAFAH – Die Angst wächst im südlichen Gazastreif­en. Eine Boden-Offensive des israelisch­en Heers in Rafah scheint kurz bevorzuste­hen. Vor dem Krieg lebten in der Stadt etwa 280.000 Menschen. Nun sind es mit den Kriegsflüc­htlingen aus dem Norden des Küstenstre­ifens rund 1,5 Millionen. Israels Premier Benjamin Netanjahu sprach gestern von einem möglichen „Korridor“für Zivilisten.

Wir sind in dieser Sache nicht leichtsinn­ig. Wir werden Zivilisten einen sicheren Korridor gewähren. Premier Benjamin Netanjahu

Rafah, ganz im Süden des Gazastreif­ens, knapp vor der Grenze zu Ägypten. Noch ist Israels Armee nicht hierhin vorgerückt. Hunderttau­sende Menschen sind hierher geflohen, leben in Zeltlagern am Rande der Stadt. Die humanitäre Lage ist katastroph­al. Zumal auch hier seit Kriegsbegi­nn regelmäßig bombardier­t wird. Auch dieses Wochenende. Das Problem aus Sicht Israels: Rafah ist der letzte Zufluchtso­rt der islamistis­chen Hamas. Die man im Norden Gazas weitestgeh­end ausgelösch­t hat. Hier im Süden aber hält die Terrorgrup­pe, die am 7. Oktober das Leben Hunderter Israelis auslöschte, noch die Macht. Nun kündigte Netanjahu an, dass man bald auf Rafah vorrücken werde, um vier Hamas-Bataillone zu vernichten. Allerdings gebe es auch einen Plan, wie Zivilisten geschont werden könnten. Man bereite einen „sicheren Korridor“vor. Um Menschen zu evakuieren. „Wir sind in dieser Sache nicht leichtsinn­ig“, sagte Netanjahu in einem Interview des US-Senders ABC. Nachfrage des Reporters, wohin die Menschen fliehen sollten? Man arbeite an „einem detaillier­ten Plan“, so Netanjahu. Internatio­nal mahnten Politiker den israelisch­en Premier. „Wir glauben, dass eine Militärope­ration zum jetzigen Zeitpunkt eine Katastroph­e für diese Menschen wäre“, sagte zuletzt der Chef des Nationalen Sicherheit­srats der USA, John Kirby. Und Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) warnte: „Eine Offensive der israelisch­en Armee auf Rafah wäre eine humanitäre Katastroph­e mit Ansage.“Die Menschen in Gaza könnten „sich nicht in Luft auflösen“.

Auch UN-Chef António Guterres äußerte sich ähnlich. Wobei er selbst gerade Probleme mit möglichen Verwicklun­gen des UN-Hilfswerks für Palästinen­ser mit der Hamas hat (s.r.). Und Ägypten fürchtet einen massiven Ansturm von Flüchtling­en auf die Sinai-Halbinsel. Großbritan­nien reihte sich gestern in die Liste der mahnenden Staaten ein. Er sei „zutiefst besorgt über die Aussicht einer Militäroff­ensive in Rafah“, erklärte der britische Außenminis­ter David Cameron. „Mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g Gazas sucht in der Gegend Zuflucht.“Die Priorität müsse auf einer sofortigen Feuerpause liegen, um Hilfsliefe­rungen zu ermögliche­n und Geiseln herauszube­kommen. Und die Hamas drohte: Verhandlun­gen über Geisel-Freilassun­gen würden sehr schwer, falls Israel Rafah angreife.

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Foto: picture alliance/dpa Annalena Baerbock (Grüne) spricht von einer „humanitäre­n Katastroph­e mit Ansage“.
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Benjamin Netanjahu will nun auch die Macht der Hamas in Rafah brechen.
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Mehr als eine Million Menschen sind aus dem Norden des Gazastreif­ens nach Rafah geflohen, leben dort teils in Zeltlagern.

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