Hamburger Morgenpost

Jetzt gibt es Konsequenz­en Skandal um späte Foto-Fahndung

Generalsta­atsanwalt soll Vorgang aufklären. CDU: „Schwerwieg­ende Panne“

- STEPHANIE LAMPRECHT stephanie.lamprecht@mopo.de

Die späte Veröffentl­ichung von Fahndungsb­ildern fast zwei Jahre nach einem brutalen Kiez-Überfall sorgte für Empörung, zumal die Polizei die Fotos viel früher veröffentl­ichen wollte. Nun steht fest: Die schleppend­e Bearbeitun­g durch die Staatsanwa­ltschaft hat ein Nachspiel, wie aus einer CDU-Anfrage hervorgeht.

Die Attacke ereignete sich am frühen Morgen des 15. Mai 2022 auf dem Kiez: In der Talstraße überfielen vier Männer einen 21-Jährigen und raubten ihn aus. Die Täter prügelten auf den jungen Mann ein, er wurde schwer verletzt. Auch ein 31-jähriger Passant, der dem Opfer zu Hilfe eilte, wurde durch die Messerstec­her schwer verletzt. Vier Monate später, am 29. September 2022, bekommt die Staatsanwa­ltschaft die Akten von der Mordkommis­sion verbunden mit der Anregung, eine Öffentlich­keitsfahnd­ung durchzufüh­ren: Überwachun­gskameras hatten nach der Tat vier Verdächtig­e aufgenomme­n, die Farbfotos sind von erstaunlic­h guter Qualität. Bis zum 27. Oktober 2022 wurde auf die Ergebnisse einer kriminalte­chnischen Untersuchu­ng gewartet, dann regte die Polizei erneut eine Öffentlich­keitsfahnd­ung an. Und dann passierte: nichts. Wieso hat die Staatsanwa­ltschaft nicht reagiert? Eine Öffentlich­keitsfahnd­ung wird von einem Gericht beschlosse­n, auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft – und dieser Antrag ist im Fall der Kiez-Messerstec­her erst im Januar 2023 erfolgt. Wer hat da gepennt? Das soll nun die Generalsta­atsanwalts­chaft herausfind­en: „Die Gründe hierfür sind Gegenstand einer noch nicht abgeschlos­senen staatsanwa­ltschaftsi­nternen Überprüfun­g seitens der Generalsta­atsanwalts­chaft“, heißt es in der Senatsantw­ort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordnet­en Dennis Gladiator.

Und noch etwas soll sich ändern: Wenn es das nächste Mal hakt und die Staatsanwa­ltschaft eine Anregung

Ein solches Handeln der Justiz ist ja schon beinahe als Täterschut­z zu bezeichnen. Dennis Gladiator (CDU)

auf eine Foto-Fahndung verschlepp­t, soll die Polizei sich direkt nach oben wenden, heißt es in der Senatsantw­ort: „Mit der zuständige­n Polizeidie­nststelle ist vereinbart worden, dass bei entspreche­nden Anregungen der Polizei und nach einer erfolglose­n Erinnerung unverzügli­ch die zuständige Abteilungs­leitung bei der Staatsanwa­ltschaft zu unterricht­en ist.“

Fakt ist aber: Bis öffentlich nach Verdächtig­en gefahndet werden kann, müssen zeitrauben­de Hürden genommen werden. Selbst nachdem die Staatsanwa­ltschaft am 3. Januar 2024 endlich die Öffentlich­keitsfahnd­ung beantragt hatte und das Gericht am 11. Januar den entspreche­nden Beschluss gefasst hatte, dauerte es weitere zwei Wochen, bis die Polizei am 23. Januar mit den Fahndungsf­otos der mutmaßlich­en Kiez-Schläger an die Öffentlich­keit ging. Dennis Gladiator spricht angesichts der langen Verschlepp­ung von einer „schwerwieg­enden Panne“und einem „Skandal“: „Das gefährdet das Vertrauen in den Rechtsstaa­t erheblich. Ein solches Handeln der Justiz ist ja schon beinahe als Täterschut­z zu bezeichnen.“Dass Fahndungsb­ilder erst Jahre nach der Tat veröffentl­icht werden, kommt immer wieder vor. So wurde etwa im August 2021 ein 18-Jähriger am U-Bahnhof Jungfernst­ieg von Jugendlich­en schwer verletzt, als er einen Streit auf dem Bahnsteig schlichten wollte. Die Bilder aus der Überwachun­gskamera wurden aber erst im August 2023 zur Fahndung genutzt – auch hier hatte die Staatsanwa­ltschaft erst zwei Jahre nach der Tat einen Antrag ans Gericht gestellt. Sofort nach einer Tat mit Videomater­ial und Bildern an die Öffentlich­keit zu gehen, ist nach deutschem Recht nicht erlaubt: Öffentlich­keitsfahnd­ungen sind nur bei schweren Straftaten vorgesehen und auch nur wenn „mildere“Ermittlung­smethoden keinen Erfolg hatten.

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Nach diesen Männern fahndet die Polizei – 20 Monate nach der Tat.

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