Hier entstehen nun doch neue Parkplätze Eine konstruktive Nervensäge
Gute Nachricht für Autofahrer – nach MOPO-Bericht handelt der Bezirksamtschef Heike Sudmann (Linke) ist bei fast allen Fraktionen recht anerkannt
Nach 16 Uhr ist jeder freie Platz um die historische Backsteinkirche im Billstedter Ortsteil Kirchsteinbek fast immer besetzt. Autofahrer nutzen jede freie Lücke, um ihr Fahrzeug abzustellen. Häufig entgegen sämtlichen Verkehrsvorschriften. Dadurch werden sogar Rettungswege zugeparkt. Doch nun gibt es für genervte Autofahrer eine gute Nachricht.
Rund um die Steinbeker Marktstraße sind in den vergangenen Jahren viele Wohnungen entstanden: direkt neben der Kirche an der Straße Marienblick sogar eine Anlage mit Eigentumswohnungen und Reihenhäusern, deren Bewohner häufig zwei Autos haben. Auf der anderen Seite steht ein Haus mit knapp 20 Wohneinheiten. Und es soll weiter gebaut werden. Ausreichend Parkplätze wurden aber nicht geschaffen.
Der Steinbeker Marktplatz, der sich als alternative Abstellfläche anbot, war trotz großer Parkplatznot meistens verwaist. Vor Jahren wurden hier für Kunden der umliegenden Geschäfte rund 15 Parkplätze geschaffen. Aber die Aufenthaltsdauer war auf zwei Stunden begrenzt, es wurde rigoros abgezettelt. Einen Großteil der Geschäfte gibt es seit Jahren nicht mehr, dennoch blieb die zeitliche Beschränkung.
Die Bezirkspolitiker David Erkalp und Gerd Imholz (beide CDU) nahmen sich der Sache an und kämpften um mehr Parkplätze und die Streichung der zeitlichen Parkbeschränkung. Anträge an das Bezirksamt Mitte wurden von dort aber abgeschmettert. Doch man blieb hartnäckig.
Mit Erfolg. Am Mittwochmittag erschien Bezirksamtschef Ralf Neubauer (SPD) vor Ort – mit guten Neuigkeiten für geplagte Autofahrer. Seinen Ausführungen zufolge sei die Planung von neuem Parkraum zwar problematisch gewesen. So musste der Neubau der Wache der Freiwilligen Feuerwehr, die ebenfalls auf dem Marktplatz entstehen soll, berücksichtigt werden. Zusammen mit Thaddäus Zoltkowski (SPD) von der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte habe man aber eine Lösung gefunden. Auf dem Marktplatz sollen zusätzlich zu den bereits bestehenden 15 Parkplätzen rund 30 weitere entstehen. Die zeitliche Beschränkung soll außerdem aufgehoben werden. „Die ist hier überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Nach Rücksprache mit der Polizei soll sie abgeschafft werden“, so Neubauer. „Nachdem die jetzige Regierung in Hamburg Tausende von Parkplätzen vernichtet hat, gibt es durch Herrn Neubauer dankenswerterweise diese Entscheidung für neue Parkplätze“, sagt David Erkalp. Die neuen Parkplätze soll es ab dem Sommer geben.
Wenn Heike Sudmann (Die Linke) ans Mikro tritt, wird’s meist hitzig im Plenarsaal des Rathauses. Dann stichelt sie und bohrt nach, sie nimmt ihre Kontrahenten mit Wonne in die Zange. Im politischen Hamburg gilt die 61-Jährige als fachlich versierte Nervensäge – für ihre Fraktion ist sie schwer entbehrlich. Jetzt hat die Politikerin eine Entscheidung über ihre Zukunft gefällt. Und nicht jeder im Rathaus dürfte sich darüber freuen.
„Danke, Frau Sudmann, wir haben Ihre Frage, denke ich, alle verstanden“, mit diesen Worten unterbrach Mathias Petersen (SPD), Vorsitzender des Haushaltsausschusses, freundlich, aber bestimmt die Rede der Linken-Abgeordneten. Sudmann lachte kurz, hob entschuldigend die Arme. „Ich rede mich so leicht in Rage.“In der Sitzung ging es um den Elbtower. Seit Oktober schon ruhen die Arbeiten auf der umstrittenen Baustelle in der HafenCity, inzwischen ist der Bauherr, die Signa, endgültig insolvent, die Zukunft des 100 Meter hohen Baustumpfes ungewiss. Gerade erst hat die MOPO aufgedeckt, dass mit der Hamburg Commercial Bank nun auch noch der wichtigste Mieter abgesprungen ist. Für den Senat ist das eine mittelschwere Katastrophe. Für Sudmann ein Triumph.
„Wenn es um den Elbtower geht, muss ich aufpassen, dass ich zum Senat nicht immer wieder sage: Ich hab’s euch doch gesagt“, sagt sie der MOPO. „Als Olaf Scholz damals diesen Turm präsentierte, meinte ich von Anfang an: Guckt euch genau an, was und wohin ihr das baut. Damals wurde ich als doof abgetan. Ich bin trotzdem natürlich nicht froh darüber, recht behalten zu haben.“Inzwischen hat sie sich zu so etwas wie einer bürgerschaftlichen Chef-Ermittlerin in dieser Sache aufgeschwungen. Eigentlich, so erzählt es Heike Sudmann, wollte sie bei der nächsten Wahl gar nicht mehr antreten. „Aber ich rege mich immer noch über die gleichen Themen auf“, erzählt sie jetzt der MOPO – und hat sich deshalb doch wieder für eine Kandidatur in ihrer Partei entschieden. Für ihre Mitstreiter ist das ein Segen. Denn Sudmann ist hartnäckig – und sie legt den Finger in die Wunden.
Schon in den 90er Jahren saß sie in der Bürgerschaft, von 1993 bis 1997 für die GrünAlternative Liste. Als sich die Grünen dann für den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo aussprachen, trat sie zusammen mit drei weiteren Abg e o r d n e t e n aus und gründete die Abspaltung „Reg e n b o g e n “.
Die Partei scheiterte bei den Wahlen 2001 allerdings an der Fünf-ProzentHürde. Seit 2011 sitzt sie für die Linke wieder in der Bürgerschaft, ist ParteiSprecherin für Verkehr, Wohnen und Stadtentwicklung.
Bei einem Thema lässt sie nicht locker: Seit über zehn Jahren kämpft Sudmann für ein Comeback der Straßenbahn in Hamburg. Bei den Grünen und der SPD verursacht das regelmäßiges Augenrollen. „Ich finde diese Diskussion um die Stadtbahn einfach inzwischen langweilig“, ließ Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) dazu verlauten. „Ich kämpfe immer noch dafür, weil die Busse im Stau stehen und die U5 wenn überhaupt frühestens 2045 auf ganzer Strecke eröffnet wird“, hält die Linken-Politikerin dagegen. „Wenn überall in der Stadt Baugruben auftauchen, werden sich die Menschen nicht freuen, dafür in 20 Jahren UBahn fahren zu können.“Deshalb will sie das Thema nicht begraben. „2011 galt noch die Ansage, überhaupt keine Straßenbahn zu bauen. Inzwischen sagen viele, dass es eine Ergänzung sein könnte. Steter
Tropfen höhlt den Stein“, sagt sie. Trotz ihrer teils zynischen und schroffen Kommentare wird sie auch von der politischen Konkurrenz ausdrücklich gelobt. „Frau Sudmann, so gut vorbereitet und eingelesen wie immer“, sagte Tjarks erst kürzlich in einer Sitzung des Verkehrsausschusses. Etwa ein Drittel aller Kleinen Anfragen der Linken an den Senat wurde in dieser Legislaturperiode allein von Heike Sudmann gestellt. Währenddessen kämpft ihre Partei gegen den Abwärtsstrudel: Die internen Zickereien auf Bundesebene und die Gründung einer Konkurrenzpartei der umstrittenen ehemaligen Linken Sahra Wagenknecht gehen auch am Hamburger Landesverband nicht spurlos vorbei. Zog die Partei 2020 mit 9,1 Prozent noch souverän in die Bürgerschaft ein, stehen aktuelle Umfragen bei sieben Prozent. Sudmann glaubt trotzdem fest an den Erfolg. „Bei dem aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft ist es umso wichtiger, dass wir einen linken Gegenpol bieten.“
7% bekäme die Linke laut Umfragen, wären heute Bürgerschaftswahlen