Ab jetzt garantiert auch Deutschland die Sicherheit der Ukraine
Bundesregierung verpflichtet sich zur langfristigen Unterstützung
BERLIN – Es soll eine NATOMitgliedschaft vorerst ersetzen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat gestern ein bilaterales Sicherheitsabkommen mit dem ukrainischen Präsidenten unterzeichnet. Auch andere Länder haben einen ähnlichen Schritt unternommen. Wie neue Zahlen zeigen, ersetzen die Europäer bei der Unterstützung Kiews zunehmend die USA. Doch die Situation an der Front zeigt: Es ist zu wenig.
Scholz sprach nach der Unterzeichnung von einem „historischen Schritt“. Was genau das seit Monaten verhandelte Sicherheitsabkommen umfasst, ist nicht bekannt. Nach Angaben eines deutschen Regierungssprechers handelt es sich um eine „Vereinbarung über Sicherheitszusagen und langfristige Unterstützung“der Ukraine. Klar ist nur: Die Verpflichtung zu einer aktiven Beteiligung an der militärischen Verteidigung des anderen Landes, ähnlich dem im Artikel 5 geregelten NATO-Bündnisfall, ist nicht enthalten.
Das Abkommen geht auf ein Versprechen der G7Staaten zurück, die Ukraine zu unterstützen, bis sie in die NATO aufgenommen werden kann. Großbritannien hat ein entsprechendes Abkommen bereits im Januar geschlossen. Es sieht unter anderem Hilfe beim „Schutz“und bei der „Wiederherstellung der international anerkannten Grenzen“vor, die „Verhinderung und aktive Abschreckung einer militärischen Eskalation und/oder einer neuen Aggression“durch Russland sowie die „Unterstützung der künftigen Integration der Ukraine in die euro-atlantischen Institutionen“.
Von Berlin aus reiste Selenskyj gestern nach Paris weiter, wo er mit Frankreich einen ähnlichen Vertrag
schließt. Heute fliegt er nach München, um dort auf der Sicherheitskonferenz zu sprechen. Die Ukraine steht noch mit anderen Staaten in Verhandlungen über Sicherheitsabkommen, darunter die USA und Italien. Auch Polen und skandinavische Länder haben sich der G7Initiative angeschlossen.
Die Europäer verstetigen also ihre Hilfe für das angegriffene Land. Laut dem „Ukraine Support Tracker“des Internationalen Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) hat Europa die USA inzwischen an Unterstützungsleistungen überholt. Deutschland hat seit Kriegsbeginn die Ukraine mit knapp 14 Milliarden Euro tatsächlich geleisteter Hilfszahlungen unterstützt. Frankreich (1,84 Milliarden Euro), Italien (1,3 Milliarden Euro) und Spanien (0,93 Milliarden Euro) stehen in dieser Statistik hintenan. Insgesamt haben die EU-Länder 144 Milliarden Euro zugesagt.
Wirklich ausgezahlt oder zumindest konkret Projekten oder Bereichen zugeteilt wurden bisher aber nur 77 Milliarden. Trotzdem hat Europa die USA als größten Unterstützer Kiews abgelöst. Zu Beginn des Kriegs war es noch andersherum.
In puncto Militärhilfe sind die USA aber kaum zu ersetzen. Vor allem bei der Munition macht sich dies nun bemerkbar. Die Vorräte des letzten US-Hilfspakets vom Dezember 2023 sind inzwischen weitgehend aufgebraucht. Die Folge: Die ukrainische Armee muss die Munition seit einiger Zeit rationieren. Das hat dazu geführt, dass die Russen nun die lange umkämpfte Stadt Awdijiwka fast einkesseln konnten. „Awdijiwka läuft Gefahr, in russische Hand zu geraten“, erklärte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, in Washington. „Dies geschieht zu einem großen Teil, weil den ukrainischen Streitkräften vor Ort die Artilleriemunition ausgeht.“Russland schicke Wellen von Wehrpflichtigen, um ukrainische Stellungen immer wieder anzugreifen.
Awdijiwka droht auch deshalb zu fallen, weil den Streitkräften vor Ort die Artilleriemunition ausgeht. US-Sicherheitsberater John Kirby