Hamburger Morgenpost

Plötzlich weihnachte­t es wieder …

OSDORF Traditione­lle Glasarbeit: Bäumchen hat eine spannende Geschichte

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Das kaum zehn Zentimeter große Weihnachts­bäumchen funkelte auf dem Tisch einer Händlerin im Antikmarkt im Elbe-Einkaufsze­ntrum (EEZ). Normalerwe­ise bleibe ich bei solchen Deko-Artikeln standhaft, doch dieses sehr wertig wirkende Teilchen blinzelte mir zu: „Kauf mich!“Ich griff für Flohmarktv­erhältniss­e doch recht tief ins Portemonna­ie und zahlte 35 Euro. Die Verkäuferi­n raunte mir daraufhin geheimnisv­oll zu: „Das ist ein altes Stück aus Gablonz.“

Gablonz? Wo ist das bitte? Der Ort heißt in der Landesspra­che Jablonec nad Nisou, hat rund 45.000 Einwohner und liegt in Tschechien. Gablonz hieß das Städtchen im damaligen Sudetenlan­d bis 1945. Und dieser Name hatte bei Fans von Modeschmuc­k, Weihnachts­baum-Deko und allerlei weiterem Glitzerzeu­g seit Jahrhunder­ten schon einen exzellente­n Ruf. Bereits um das Jahr 1600 sind in Gablonz nämlich erste Glashütten gegründet worden. Aus diesen heraus entwickelt­en sich Dutzende Klein- und Familienbe­triebe.

Von Generation zu Generation wurde die Fähigkeit weitergege­ben, aus Glas kleine Kunstwerke zu fertigen. Dabei blies Vater oder Großvater erst mit einem Öllämpchen mit Blasebalg, später mit Bunsenbren­nern Glasperlen zu beachtlich­en Größen auf. Großmutter oder Mutter montierten dann die oft farbigen Glasperlen zu Schmuckstü­cken oder schufen eben so filigrane Dekostücke wie das Weihnachts­bäumhen, ch welches ich im m EEZ ergatterte. Es s war übrigens pr reiswert. Im Inernet te wird für

ähnliche Vorkriegs-Modelle auch gern einmal 300 Euro oder mehr verA Aber langt. zurück zur Gablonzer Biterie jou – so werden diese bunn ten Glas-Stücke auch genannt. Diee Herstellun­g nahm im Zeitter alt der Industrial­isierung eien n starken Aufschwung. Ende ddes 19. Jahrhunder­ts sind die funkelnden Produkte bereits in alle Erdteile exportiert worden.

Der Boom endete vorerst mit m dem Zweiten Weltkrieg. Nach N 1945 wurden die zumeist bö öhmisch- deutschen Glasbläser aus s Gablonz vertrieben. Sie sieten del sich dann vor allem in Kau ufbeuren im bayerische­n Allu gäu und rund um Gotha im Thüringer ring Wald an. Auch in Oberösterr­eich wurden die Exilanten aus dem Sudetenlan­d heimisch. Noch heute gibt es den 1948 gegründete­n „Bundesverb­and der Gablonzer Industrie“, in dem noch etwa 100 Hersteller vereinigt sind und deren 1300 Mitarbeite­r mit ihren Produkten jährlich für mehr als 200 Millionen Euro Umsatz sorgen.

Aber auch im tschechisc­hen Jablonec an der Neiße wird die Tradition der Bijouterie-Herstellun­g aktuell noch hochgehalt­en. Hier schaffen sogar noch 11.000 Menschen und ihre Produkte werden wie immer schon in alle Welt exportiert.

Gablonzer Bijouterie aus Tschechien hat eine jahrhunder­tealte Tradition und ist weltweit gefragt.

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Kaum zehn Zentimeter hoch ist das Deko-Bäumchen. Früher wurden ganze Weihnachts­bäume mit solchem Glasschmuc­k dekoriert.
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