Hamburger Morgenpost

Der HSV braucht frischen Wind

- SIMON BRAASCH simon.braasch@mopo.de

Es werde beim HSV „keinen 180-Grad-Wechsel geben“, ließ Jonas Boldt vor genau einer Woche verlauten, nachdem der Sportvorst­and Tim Walter entlassen und dessen Assistente­n Merlin Polzin zum neuen Cheftraine­r befördert hatte. Einige Tage und ein enttäusche­ndes Unentschie­den später bleibt festzuhalt­en: Etwas mehr als nur 20 Grad müssen es dann aber wohl doch sein, wenn der HSV in dieser Saison sein Ziel Aufstieg erreichen will.

Keine Frage, der Schachzug mit Polzin ist mutig, war aber vertretbar. Auch woanders schon fruchtete der Versuch, den Assistente­n groß zu machen – insbesonde­re der Nachbar vom Millerntor lässt grüßen. Das Remis in Rostock aber verdeutlic­hte, dass es dem HSV nicht nur an Stabilität im Deckungsve­rbund mangelt. Vielmehr wirkten zahlreiche Profis trotz des Trainerwec­hsels verunsiche­rt und steckten damit einander an. Kein gutes Zeichen, denn genau das Gegenteil sollte nach einer solch weitreiche­nden personelle­n Maßnahme der Fall sein. Dass es beim HSV anders kam, unterstrei­cht die Annahme, dass diese Mannschaft ganz offensicht­lich nicht nur eine taktische Anpassung braucht, sondern eben auch ein frisches Gesicht in der Kabine und damit eine andere Ansprache. Alles Umstände, die dann tatsächlic­h einen Neuanfang und frischen Wind bedeuten würden.

Um es klar zu benennen: Polzin hat nichts falsch gemacht. Das zweifelsoh­ne große Trainer-Talent könnte unter einem neuen Chef allerdings weiter reifen. Gefragt ist nun Boldt, der einen neuen Impuls setzen muss. Diesen Zeitpunkt verpasste er bereits in der Winterpaus­e, als er an Walter festhielt. Der Moment wäre aussichtsr­eich gewesen, ein neuer Trainer hätte die komplette Winter-Vorbereitu­ng über Zeit gehabt, die Profis mit seinen Ideen vertraut zu machen. Boldt entschied sich aus Überzeugun­g dagegen. Sollte er nun aber auch den nächsten passenden Zeitpunkt für den benötigten Impuls auslassen, könnte sich das bitter rächen und auch erhebliche­n Einfluss auf das lange Zeit so großartige Zusammensp­iel mit den Fans haben. Schon zuletzt, nach dem 3:4 gegen Hannover, setzten zahlreiche Anhänger ein schrilles und lange nicht mehr da gewesenes

Zeichen. Vor dem anstehende­n Heimspiel-Doppelpack gegen Elversberg und Osnabrück ist die Skepsis nur noch größer geworden. Frischer personelle­r

Wind würde auch die Geduld beim Anhang wieder steigern.

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