Hamburger Morgenpost

Wie Nasenspray gegen die Zombie-Droge helfen kann

Notfallmed­ikament rettet Leben bei einer Opioid-Überdosis – Polizei hat es aber nicht

- Von DANIEL GÖZÜBÜYÜK und VIOLA DENGLER

Die „Zombie-Droge“ist auch in Hamburg angekommen. Eigentlich ist es ein stark wirkendes Schmerzmit­tel, doch vor allem in den USA sorgt der illegale Missbrauch des Opioids Fentanyl für Probleme. 100.000 Menschen sind innerhalb eines Jahres an den Folgen gestorben. Die Gewerkscha­ft der

Polizei (GdP) will auf diese Entwicklun­g eine Reaktion sehen – und fordert lebensrett­ende Nasenspray­s.

„Wenige Krümel Fentanyl können zum sofortigen Tod führen. Die Polizei ist bisher nicht vorbereite­t“, warnt Lars Osburg, stellvertr­etender Vorsitzend­er der GdP in Hamburg. Worauf er anspielt: Bei einem Projekt der Deutschen Aidshilfe wurden in 17 Drogenkons­umräumen über sechs Monate Schnelltes­ts auf Fentanyl angeboten, darunter auch im Hamburger „Drob Inn“. Konsumente­n konnten so ihr Heroin testen lassen. Die Droge wird häufig mit Fentanyl gestreckt.

Hamburg landete mit elf Prozent der rund 250 Proben den höchsten Anteil positiver Fentanyl-Nachweise. Bei allen 1401 bundesweit untersucht­en Proben lag der Schnitt bei 3,6 Prozent. Für die GdP eine beunruhige­nde Entwicklun­g – und eine, auf die man nun reagieren müsse.

„Es gibt Möglichkei­ten, eine Opioid-Überdosis zu verhindern“, sagt Osburg. Eine davon: Naloxon, ein sogenannte­r Opioid-Antagonist und Notfallmed­ikament, seit 1983 in der Liste „unentbehrl­icher Arzneimitt­el“der

Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO).

Seit 2018 ist Naloxon in Deutschlan­d als verschreib­ungspflich­tiges Nasenspray verfügbar. Das Mittel selbst hat keine berauschen­de Wirkung, es hat keinen Effekt auf Menschen, die nicht abhängig von Opioiden sind. In wenigen Minuten soll es die potenziell tödliche Atemlähmun­g von Opioiden aufheben.

Die Studienlag­e und die Resonanz seien laut Osburg eindeutig. „Dieses Mittel rettet Leben.“Und je mehr Personen das Nasenspray bei sich trügen, desto höher sei die Wahrschein­lichkeit, dass bei einer Überdosis „schnell geholfen wird und die betroffene Person diese überlebt“. Daher fordere er auch den Einsatz dieser Nasenspray­s bei der Polizei: Sie sei es, die oft zuerst am Einsatzort ist. „Hier geht es um wertvolle Zeit, in der die Polizei Leben retten kann, bevor Rettungskr­äfte vor Ort sind.“

Die Forderung sei in Anbetracht der Erwartung, dass Fentanyl-Konsum in Hamburg weiter zunimmt, umso wichtiger. „Der Naloxon-Gebrauch müsse aber mit einer entspreche­nden medizinisc­hen Qualifizie­rung einhergehe­n. Kollegen müssten dafür geschult, die gesetzlich­en Voraussetz­ungen überprüft, im Zweifel geschaffen werden“, sagt Osburg. „Der Gebrauch wäre auch im Interesse der Eigensiche­rung.“

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