Hamburger Morgenpost

Trauer um Andi Brehme, den WM-Helden aus Barmbek Ein Elfmeter, der für immer bleibt

NACHRUF Vater Bernd trainiert den Siegtorsch­ützen, der nie für den HSV spielt, aber in Hamburg Meister wird

- Von FOLKE HAVEKOST

Die Fußballwel­t steht unter Schock. Andreas Brehme ist mit 63 Jahren an Herzstills­tand gestorben. Der Barmbeker schoss die deutsche Nationalma­nnschaft 1990 mit seinem verwandelt­en Strafstoß gegen Argentinie­n zum Weltmeiste­r-Titel.

„Dann hörst du den Pfiff des Schiedsric­hters. Ich dachte nur noch: Den machst du rein, dann bist du Weltmeiste­r.“

So beschrieb Brehme Jahre später seinen wichtigste­n Schuss, mit rechts ins linke Eck. Sein Zimmergeno­sse im WM-Quartier, Lothar Matthäus, wollte den Elfmeter nicht schießen, weil er sich unsicher fühlte. Brehme war zur Stelle. Wie so oft, ohne großes Aufhebens. „Pflaster drauf“, hieß es schon kurz und schmerzlos als Kind, wenn der kleine Andreas mit Schürfwund­en am Knie vo om Grandplatz zurückkam. Damals in Barmbek, wo alles begann.

„Ich spielte immer nur Fußball, Fußball und nochmals Fußball. Wir bauten aus Steinen und Dosen unsere Tore und dann wurde gekickt und gebolzt, oft den ganzen Nachmittag lang“, erinnerte sich Brehme, der am 9. November 1960 zur Welt kam und mit seinen Eltern Bernd und Waltraud in einer Zweieinhal­bzimmer- in n der Richeystra­ße aufwuchs. -

Sein Vater, selbst ein n Regionalli­ga-Verteidige­r r, higkeit, bringt ihm die früh später beidfüßi nur we iäefan ges Schießen bei – eine Fä nige so beherrsche­n wie Brehme. Die Mutter wäscht die Trikots nach den 560 Spielen, die ihr Sohn in den Jugendmann­schaften von Barmbek-Uhlenhorst bestreitet. 1965 begrüßt der Vierjährig­e den großen Uwe Seeler, als der HSV den neuen Rasenplatz der Barmbeker einweiht. „Er schoss damals schon links wie rechts“, staunte Seeler. 1980 trainiert der inzwischen 20-Jährige beim HSV sieben Wochen lang zur Probe mit, doch danach bietet Manager Günter Netzer dem ausgebilde­ten Kfz-Mechaniker nur einen Platz in der Reserve-Mannschaft an. HSV-Profi Felix Magath vermittelt ihn zum 1. FC Saarbrücke­n, von wo er nach einem Jahr zum 1. FC Kaiserslau­tern wechselt. Eine Weltkarrie­re hat begonnen. 1987 wird der Verteidige­r mit Offensivdr­ang mit Bayern München Deutscher

Meister, 1989 triumphier­t er mit Inter Mailand in Italien – und wird als bislang einziger deutscher Kicker zu Italiens Fußballer des Jahres gewählt. Südlich der Alpen holt Brehme sich – wie seine Mitspieler Matthäus und Jürgen Klinsmann – den letzten Schliff, um 1990 in Italien Weltmeiste­r zu werden. Aus der Nationalma­nnschaft tritt er 1994 nach 86 Länderspie­len zurück und konzentrie­rt sich auf den 1. FC Kaiserslau­tern. 1996 steigen die Pfälzer zum ersten Mal aus der Bundesliga ab. So kann der Mittdreißi­ger seine Schuhe nicht an den Nagel hängen. Er spielt noch zwei Jahre weiter – und wie! 1997 gelingt der Wiederaufs­tieg, 1998 wird der Aufsteiger mit Edelreserv­ist Brehme als Kapitän sensatione­ll Deutscher Meister. Im Volksparks­tadion, in seiner Geburtssta­dt.

„Der Ball ist von Ang an mein Freund“, ha t Brehme auf seine La ufbahn zurückgeha­ut. sc Versuche, dach na als Trainer Fuß zu fassen, verlaufen äßig. Es wird stiler le um den Barmeker be Jung, der sich in n München und am Gardasee niedergeas­sen hat. Bis die Nachricht, dass sein Herz nicht mehr schlägt, die Fußballwel­t erchüttert.

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Andreas Brehme bestritt in 15 Jahren über 600 Spiele für Barmbek-Uhlenhorst.
Witters Foto: 1965 begegnet der kleine Andreas Brehme zumersten Mal dem großen Uwe Seeler. Andreas Brehme bestritt in 15 Jahren über 600 Spiele für Barmbek-Uhlenhorst.
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