Hamburger Morgenpost

Warum demonstrie­ren die Hafenarbei­ter schon wieder, Herr Kretschmar?

MSC-DEAL Verdi-Gewerkscha­fter sieht gesamtgese­llschaftli­che Interessen in Gefahr

- Das Interview führte NINA GESSNER

Es brodelt im Hafen: Nach der Entscheidu­ng des Senats für den umstritten­en MSC-Deal fehlt nun nur noch die Zustimmung der Bürgerscha­ft. Voraussich­tlich im Mai werden die Abgeordnet­en über den Teilverkau­f der HHLA an die Schweizer Reederei abstimmen. Schon jetzt wird intensiv beraten. Um ihrer Wut über den Deal Ausdruck zu verleihen, ziehen die Hafenarbei­ter am Mittwoch ab 17 Uhr mit einer Demo durch die City. Die MOPO sprach mit André Kretschmar, Fachbereic­hsleiter Maritime Wirtschaft bei der Gewerkscha­ft Verdi, die zu der Demo aufgerufen hat.

MOPO: Herr Kretschmar, der MSCDeal scheint so gut wie in trockenen Tüchern. Wie viel Chance sehen Sie noch, den Teilverkau­f der HHLA zu stoppen?

André Kretschmar: Die Privatisie­rung der HHLA wird nicht nur von den Hafenarbei­tern kritisch gesehen. Auch viele Politiker und große Teile der Hafenwirts­chaft befürchten negative Auswirkung­en für andere Unternehme­n im Hamburger Hafen. Unsere Hoffnung ist daher, dass die Bürgerscha­ft gegen den Deal stimmt.

Welche Sorgen gibt es?

Neben den HHLA-Mitarbeite­rn,

die sich Sorgen um die Zukunft der Arbeitsplä­tze und der Arbeitsbed­ingungen machen, könnte der MSC- Deal auch eine große Wirkung auf Randbereic­he im Hafen haben. Auch der andere große Terminalbe­treiber Eurogate wird sich vermutlich umstellen, was sich auf die Arbeitsplä­tze auswirken könnte. Unklar ist auch, was mit den Laschern, den Festmacher­n, den Containerr­eparaturbe­trieben oder mit dem Gesamthafe­nbetrieb passieren wird. Wir haben dazu Fragen gestellt, aber keine Antworten bekommen. Immerhin sagt der Senat doch, dass sich an der Unternehme­nsstruktur nichts ändern wird.

Dafür gibt es aber keine Beweise. Keine Garantien. Wir sollen einfach darauf vertrauen? Auch die Beschäftig­ungssicher­ung gilt nur für fünf Jahre. Und was passiert danach? Fünf Jahre gehen schnell um. Die Mitarbeite­r machen sich große Sorgen um ihre Zukunft.

Aber die konjunktur­elle Entwicklun­g bringt ja auch große Unsicherhe­iten für den Hafen. Die Stadt sieht sich nicht in der Lage, die HHLA zukunftssi­cher aufzustell­en und hofft, dass MSC mehr Stabilität bringt. Würde MSC die HHLA kaufen, wenn sie nicht Wachstumsc­hancen sehen würden? Wir sehen diese Alternativ­losigkeit, die der Senat behauptet, nicht. Eine andere Unternehme­nsgestaltu­ng wäre möglich. Und die Stadt könnte ja auch Kredite aufnehmen, um sie zu finanziere­n. Wir verstehen nicht, warum der Senat die langfristi­gen Entwicklun­gen und die Bedeutung der HHLA für die Stadt aus dem Blick verloren hat.

Kritiker meinen, MSC würde es vor allem um den Erwerb des Bahnuntern­ehmens Metrans gehen. Metrans ist alleine 1,5 Milliarden Euro wert. MSC

MSC Me Spott dami t di roll kritis sche I struktu And dré Kretschmar, Verdi

bekommt das Unternehme­n zum Spottpreis. Und damit die Kontrolle über Transportw­ege quer durch Europa. Hier geht es um kritische Infrastruk­tur. Wir wollen, dass dieser Deal gesamtgese­llschaftli­ch betrachtet wird. Denn das passt nicht zusammen mit den Privatinte­ressen eines Wirtschaft­sunternehm­ens, dem es um Profite geht.

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Heute gehen wieder Hafenarbei­ter auf die Straße, um gegen den MSC-Einstieg zu protestier­en.
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Verdi-Fachbereic­hsleiter André Kretschmar

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