Hamburger Morgenpost

Wie diese Frauen von Hamburgmbu­rg

KRIEG IN EUROPA Heute vor zwei Jahren begann die russische Invasion. Bei uns bewegen Geflüchtet­e Unglaublic­hes

- Von NINA GESSNER

Seit zwei Jahren tobt in der Ukraine der Krieg. Für die Männer an der Front ist es ein Kampf um Leben und Tod. Für die Frauen, die nach dem 24. Februar 2022 das Land verlassen haben, ist es eine Auseinande­rsetzung in der Ferne. Doch sie kämpfen ebenfalls vom Ausland aus für ihre Heimat – auch in Hamburg.

Ihre ukrainisch­e Herkunft hat für Kateryna Rumyantsev­a viele Jahre keine große Rolle gespielt. Die 30-Jährige kam als Kind nach dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n zusammen mit ihrer Oma und Mutter nach Hamburg. Sie waren jüdische Kontingent­flüchtling­e. Zu Hause in Nettelnbur­g sprachen sie Russisch. Doch seit dem 24. Februar 2022 ist alles anders. Kateryna Rumyantsev­a fühlte sich so sehr als Ukrainerin wie nie zuvor. Sie reiste zwei Mal in die alte Heimat nach Charkiw nahe der russischen Grenze. Um die dort noch lebende Familie zu unterstütz­en. Aber auch um Aufklärung­smaterial zu sammeln. „Ich war in Butscha und habe die Massengräb­er gesehen. Die verbrannte­n Autos und Häuser. Die Zerstörung“, berichtet sie. Rumyantsev­a sammelte Eindrücke, dokumentie­rte sie, machte Fotos. So will sie gegen die Desinforma­tion vorgehen, die sie hier auf russischsp­rachigen Kanälen erlebt und die sogar ihre eigene Familie spaltet. Rumyantsev­as Stiefvater ist Russe. „Er ist für den Krieg. Er ist total von seiner TikTok-Welt beeinfluss­t.“Zu Hause gab es viel Streit. Als

Rumyantsev­a anfing, daheim Ukrainisch statt Russisch zu sprechen, verbot er es ihr r. „Das hat bei mir das Fas s zum Überlaufen gebracht t: Ich bin ausgezogen“, erzähl lt die Wirtschaft­sjuristin, die bei einem Hamburger Un ternehmen im Prozessma nagement arbeitet. Ihre Mutter umgeht das Problem m, indem sie das Thema zu u Hause meidet. Kateryna Rumyantsev­a verbringt inzwischen fast ihre ganze Freizeit damit, Demonstrat­ionen zu organisier­en, Spenden zu sammeln und sich für den Verein „Feine Ukraine“zu engagieren, der sich darum kümmert, Kriegsverl­etzte nach Hamburg zu holen oder Menschen mit Behinderun­gen aus der Ukraine zu bringen. Und sie tritt als Speakerin auf. „Die Ukraine ist in

Deutschlan­d als Thema in den Hintergrun­d getreten. Das ist falsch! Wir haben hier mitten in Europa einen Krieg. Wenn wir Putin nicht stoppen, wird er weiter machen, was er will.“Auch Olena Savkovych stammt aus Charkiw. Auch sie hat das Gefühl, dass sich die Haltung der Deutschen zur Ukraine in den vergangene­n zwei Jahren verändert hat. „Am Anfang haben wir viel Unterstütz­ung erfahren. Jetzt erlebe ich häufig Inakzeptan­z“, berichtet die 38-Jährige, die in Hamburg als Informatik­erin arbeitet. Besonders von der Friedensbe­wegung sei sie schon häufig in Erklärungs­not gebracht worden. „Die Ukraine muss sich dafür rechtferti­gen, dass sie sich verteidigt und wehrt“, sagt Savkovych und schüttelt fassungslo­s den Kopf. „Wir sind nicht die Kriegstrei­ber! Diese Menschen wissen nicht, was es bedeutet unter einer Okkupation zu leben. Das ist auch eine Form von Krieg!“Darüber hinaus geht es für Olena Savkovych bei dieser Auseinande­rsetzung um mehr als nur um die Ukraine. „Es geht hier um unsere Weltordnun­g. Um die Verteidigu­ng der Demokratie!“Deutschlan­d sei längst betroffen. Nicht nur wegen der russischen Desinforma­tionskampa­gnen, die gerade in Ostdeutsch­land fruchten und auch hier für politische Instabilit­ät sorgen. Sondern auch wegen der zahlreiche­n Hacker-Angriffe.

Ich war in Butscha und habe die Massengräb­er gesehen. Kateryna Rumyantsev­a

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