In dieser Geister-Villa wurde Weltgeschichte geschrieben
LÜNEBURG Im Mai 1945 wird hier das Ende des Zweiten Weltkriegs eingeläutet
Ein Fassadenteil mit Eingangstreppe – das ist alles, was von der Villa Möllering in Lüneburg übrig geblieben ist. Kaum ein Passant verirrt sich in den abgelegenen Stadtteil Häcklingen. Und wenn doch, dann blicken die Menschen ratlos auf die traurigen Mauerreste. Dabei wurde an diesem Ort Weltgeschichte geschrieben. Am 3. Mai 1945 sind in der Villa erste Gespräche über die Teilkapitulation der deutschen Wehrmacht geführt worden. Und hier unterschrieb Generalmajor Alwin Wolz auch die Bedingungen zur kampflosen Übergabe Hamburgs.
Einst war das Gebäude ein stattliches Anwesen und diente ab 1907 als Schule für junge Frauen vom Lande, die hier typische „Frauenberufe“erlernen sollten. 1935 erwarb Alexander Möllering, Direktor der Lüneburger Kronenbrauerei, die Villa – seitdem war das Haus als Möllering-Villa bekannt, die zehn Jahre später in den Mittelpunkt des Weltgeschehens rücken sollte. Nach Hitlers Selbstmord am 30. April 1945 wurde Großadmiral
Dönitz am 1.
Mai Chef der Reichsregierung.
Er wollte im Westen die Waffen niederlegen, aber im Osten gegen die Russen weiterkämpfen, um „möglichst viele deutsche Menschen vor Bolschewisierung und Versklavung zu retten“. Aber seine Position war angesichts der erdrückenden Übermacht der Alliierten haltlos. Und es war ein Akt der Verzweiflung, dass Dönitz am 3. Mai den Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg von seinem Sitz in Flensburg zu den britischen Linien bei Lüneburg schickte. Der deutsche Admiral traf dort auf den britischen Oberbefehlshaber Feldmarschall Bernard Montgomery, der in der MölleringVilla sein Hauptquartier eingerichtet hatte.
Von Friedeburg bot die Kapitulation dreier deutscher Großverbände zwischen Berlin und Rostock an. Montgomery aber machte ihm eindrücklich die aussichtslose Lage der Deutschen Wehrmacht klar und forderte die bedingungslose Kapitulation. Der Admiral kehrte nach Flensburg zurück und überbrachte Dönitz die schlechte Botschaft. Währenddessen unterzeichnete der Hamburger Kampfkommandant Wolz in der Villa Möllering die Bedingungen für die Übergabe Hamburgs, die noch am selben Tag stattfand. Schließlich willigte Dönitz ein, bedingungslos zu kapitulieren. Von Friedeburg unterzeichnete die Erklärung am 4. Mai im Zelt von Montgomery auf dem Timeloberg in Wendisch Evern, unweit der Möllering Villa. Als Oberbefehlshaber der Deutschen Kriegsmarine war von Friede
Eigentlich sollte hier ein Dokumentationszentrum zum Kriegsende entstehen, doch die Kosten waren zu hoch.
burg auch dabei, als am 7. Mai im französischen Reims die bedingungslose Gesamtkapitulation der Wehrmacht unterzeichnet wurde. Nach Auflösung der letzen deutschen Reichsregierung am 23. Mai durch die Alliierten sollte Admiral von Friedeburg verhaftet werden. Der 55-Jährige bat die Briten darum, in einer Kaserne in Flensburg auf die Toilette gehen zu dürfen, und vergiftete sich dort mit Zyankali.
Und die Villa Möllering? Die wurde bis 2007 als Wohngebäude genutzt. 2012 kaufte ein Investor das denkmalgeschützte Anwesen, wollte es sanieren und dort ein Dokumentationszentrum zum Kriegsende im Norden eröffnen. Doch aus Kostengründen wurde daraus nichts. 2021 kam es zum Teilabriss wegen des angeblich schlechten Zustands der Villa.
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