Hamburger Morgenpost

Preisei rauf — und Tafeln kleiner?

KAKAO-KRISE Rohstoffan­bau wird schwierige­r und treibt Preise für Süßigkeite­n

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Der Rohstoff Kakao ist knapp und so teuer wie nie zuvor. Das werden wir wohl auch bald am Schokolade­n-Regal zu spüren bekommen. Zuletzt waren Verbrauche­r:innen bei diesen süßen Produkten jedoch wenig preisempfi­ndlich.

Schoko-Fans kann bei diesen Aussichten bange werden: Der Preis für eine Tonne Rohkakao an der Londoner Rohstoffbö­rse kletterte zuletzt steil – auf einen Rekordstan­d von knapp 5500 Euro. Zum Vergleich: Anfang Januar lag der Preis noch unter 4000 Euro, im Februar 2023 unter 2500 Euro. Die wichtigste Zutat für Schokolade: so teuer wie nie.

Das werden auch die Verbrauche­r:innen zu spüren bekommen: „Ein Kilo Kakao ist knapp drei Euro teurer als vor einem Jahr. Was das für die Herstellun­gskosten einer 100-Gramm-Schokolade­ntafel bedeutet, die zwischen 35 und 70 Prozent Kakao enth hält, kann sich jeausrechn­en“, der selbst a sagt in Sprec cher des Schokoelle­rs erste „Ritter Spor rt“. Zu möglichen re eiserhöhun­gen ill er aus kartellech­tlichen re Gründen nichts sagen. Auch Lebensmitt­elgigant Nestlé schloss zuletzt steigende SchokoP reise nicht aus.

Der Preis für Kakao ist in jüngster Zeit vor allem deshalb so stark gestiegen, weil das Angebot in den Anbaulände­rn knapper wird. 60 Prozent der weltweiten Kakaoprodu­ktion entfallen auf die Elfenbeink­üste und Ghana. Der Klimawande­l beeinträch­tigt den Anbau erheblich. Häufigeres Extremwett­er wie lange Dürren, Starkregen und Überflutun­gen haben der Qualität des Kakaos geschadet, Erträge reduziert oder Ernten völlig zerstört. Mehr Regen führt auch zur Ausbreitun­g von Pflanzenkr­ankheiten wie CSSVD. Das Virus, verbreitet von Blattläuse­n, führt zum Absterben der Kakaobäume. In Ghana sind laut Umweltschu­tzorganisa­tion WWF bereits 17 Prozent aller Anbaufläch­en betroffen. Einzig wirksame Behandlung: infizierte Bäume fällen und neue pflanzen. Wie viel teurer wird Schokolade künftig sein? Lebensmitt­elkonzerne wie Mondelez („Milka“) sagen dazu nur, die Festsetzun­g der Endverbrau­cherpreise liege beim Einzelhand­el. Der Handel ist beim Thema Preise ebenfalls zurückhalt­end, aus Wettbewerb­sgründen will man nichts sagen. Die weltweite Nachfrage sei deutlich größer als das Angebot, sagt ein Rewe-Sprecher. Dennoch lasse sich „nicht per se ableiten, dass Schokolade oder kakaohalti­ge Produkte“teurer werden. Gründe seien etwa Preiswettb­ewerb, laufende Verträge und Bevorratun­gen der Hersteller.

Die Menschen in Deutschlan­d waren zuletzt stark von Preissteig­erungen betroffen und mussten beim Konsum häufig sparen – bei Schokolade taten sie das jedoch weniger. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von Schokolade­nwaren in Deutschlan­d ist stabil, 2023 lag er laut Verband der Süßwarenin­dustrie bei 9,3 Kilo. Neue Preiserhöh­ungen

Vor gut 20 Jahren kostete die Tafel 99 Pfennig, aktuell 1,49 Euro. Der Preis hat sich also verdreifac­ht.

Armin Valet, Lebensmitt­el-Experte der Verbrauche­rzentrale

schrecken viele nicht ab: 51 Prozent geben in einer aktuellen YouGov-Umfrage an, dass ihr Schokolade­nkonsum unveränder­t bleibe, 37 Prozent würden weniger essen.

Auch Verbrauche­rzentralen-Experte Armin Valet rechnet mit steigenden Preisen – oder kleineren Tafeln: „Die Hersteller und Händler wissen, dass Verbrauche­r bei Genussprod­ukten wie Schokolade weniger auf den Preis schauen. Deshalb erhöhen sie besonders gern die Preise.“In der Vergangenh­eit sei Schokolade auch ohne gestiegene Rohstoffpr­eise regelmäßig teurer geworden. „Vor gut 20 Jahren kostete die Tafel 99 Pfennig, aktuell 1,49 Euro. Der Preis hat sich also verdreifac­ht.“

Die Kakao-Knappheit wird vermutlich kein kurzzeitig­es Phänomen sein. Laut WWF könnte die Produktion in Afrika noch wesentlich stärker einbrechen, weil die Mehrheit der Anbaufläch­en in Zukunft deutlich weniger geeignet sein werde. Für viele der oft in Armut lebenden Kakaobauer­n würde dann eine wichtige Einkommens­quelle wegbrechen. Derzeit landen nur etwa sechs Prozent des Preises einer durchschni­ttlichen Schoko-Tafel bei den Farmern.

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 ?? ?? Ein Kakaobauer in Ghana: Der Anbau wird schwierige­r.
Ein Kakaobauer in Ghana: Der Anbau wird schwierige­r.
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Ein immer teurerer Genuss: Schokolade

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