Hamburger Morgenpost

Liebestaum­el in der Fabrik

KRITIK Paul Young gibt nach 27 Jahren sein Hamburg-Comeback – mit einer kleinen Zeitreise

- Von KATJA SCHWEMMERS

Kaum zu fassen: 27 Jahre mussten Fans von Paul Young warten, damit der Blue-Eyed-SoulSänger für ein Konzert zurück nach Hamburg kommt. 1997 gastierte der in Luton nahe London geborene Musiker in der Großen Freiheit, an diesem Samstagabe­nd spielt er mit Band in der Fabrik auf, die mit über 1000 Besuchern fast ausverkauf­t ist. Vergessen hat man ihn nicht.

„Come Back And Stay“, sein einziger Nummer-eins-Hit in Deutschlan­d aus dem Jahr 1983, scheint den Fans in den ersten Reihen wie ein Bittgesuch ins Gesicht geschriebe­n. Auf den Song müssen sie allerdings bis zum Schluss warten. Auf andere große Hits weniger lange. Denn davon hatte der Brite in den Jahren 1983 bis 1985 reichlich: Mit seinem Solo-Debüt „No Parlez“wurde er fast ein wenig überrasche­nd zum Teenieund Weltstar. Zum einen, weil Young weniger verrückt als die Kollegen daherkam, zum anderen, weil das Werk überwiegen­d aus Coversongs bestand. Er war so populär, dass ihn Bob Geldof die Anfangszei­len auf der CharitySin­gle „Do They Know It’s Christmas?“singen ließ und er auch beim großen „Live Aid“

Konzert auftrat, als die Welt geeint vorm Fernseher saß. „Es ist Zeit für ein bisschen Zusammenge­hörigkeit“, kündigt der heute 68-Jährige in der Fabrik den Titel „Love Of The Common People“an, der dritte Song des Abends. Dass sein Stimmappar­at dabei nicht mehr so sanft und geölt wie früher daherkommt, stört hier niemanden. Von den zwei Background-Sängerinne­n, die ihn tatkräftig unterstütz­en, hat sich auch noch eine krankgemel­det. Aber Young und Sidekick Sophie tanzen den Frust darüber einfach weg. Ein paar Soli der Bandmitgli­eder motzen das Ganze auf. Seine Anhänger sind verzückt und jubeln. Youngs Version des Marvin-Gaye-Songs „Wherever I Lay My Hat (That’s My Home)“, ebenfalls vom Album „No Parlez“, stimmt geradezu nostalgisc­h. Man kommt gar nicht umhin, auch gedanklich auf Zeitreise zu gehen zu dem Punkt, als man noch so jung war, dass das ganze Leben vor einem lag.

Mit dem Song „Angel“hat er auch ein Stück von seinem neuen Album „Behind The Lens“mit im Programm. Ob er damit seine 2018 an einem Hirntumor verstorben­e Frau Stacey besingt? Oder doch eher seine Freundin Lorna, mit der er sich Anfang Oktober verlobt hat? Man gönnt diesem Sympathiet­räger jedes Glück. Er erinnert derweil an „Senza una donna“, sein Duett mit Zucchero aus dem Jahr 1991. Eine Frau im Publikum meint, dass das Krächzige in seiner Stimme sie an Joe Cocker erinnern würde. Das „Hall & Oates“-Cover von „Everythime You Go Away“gibt es vor der Zugabe. „Danke, dass ihr den Abend mit uns verbracht habt“, meint Young und seine Nervosität des Anfangs ist purer Freude gewichen. Zugabe-Rufe holen ihn zurück auf die Bühne. Er singt den funkigen Song „Sex“, schüttelt dazu die Maracas. Und dann kommt er endlich: der Überhit „Come Back And Stay“, bei dem sich Menschen in den Armen liegen oder einfach beseelt mitsingen. Young bleibt zwar nicht, aber will bald wiederkomm­en, verspricht er.

Es ist Zeit für ein bisschen Zusammenge­hörigkeit. Paul Young

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Musiklegen­de Paul Young hatte sichtlich Spaß bei seinem HamburgAuf­tritt.

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