Hamburger Morgenpost

Wind rad-Gefahr für Fledermäus­e

TÖDLICHE FALLE Ausgerechn­et der Klimaschut­z macht ihnen zu schaffen

- Von CHRISTIANE BOSCH

Wer in Hamburg Fledermäus­e beobachten möchte, kann das am besten in der Nähe von Seen und Teichen tun. „Große Gewässer sind immer gut, da sind immer Fledermäus­e zu finden“, sagte der Biologe und Fledermaus-Experte Holger Reimers. Derzeit leben etwa mindestens 15 verschiede­ne Arten in Hamburg, wie eine Sprecherin der Umweltbehö­rde sagte. Doch die fliegenden Säugetiere sind in Gefahr – ausgerechn­et durch den Klimaschut­z.

Häufiger sind der Große Abendsegle­r, die Zwergflede­rmaus, die Breitflüge­lfledermau­s und die Rauhautfle­dermaus zu sehen. Seltener bekommt man in der Hansestadt die Fransenfle­dermaus, den Kleinen Abendsegle­r und die Große Bartfleder­maus zu Gesicht. Allerdings sei das Aufkommen der nachtaktiv­en Jäger in den vergangene­n Jahrzehnte­n eher gesunken, so Biologe Reimers weiter. „Valide Datenreihe­n, die den Rückgang belegen, gibt es allerdings nicht.“Reimers ist Autor der Roten Liste für Fledermäus­e in Hamburg. Abgesehen vom Insektensc­hwund seien auch der Ausbau der Windräder und die energetisc­he

Sanierung von alten Häusern Gründe für die kleiner werdenden Population­en. Fledermäus­e haben Reimers zufolge eine Lebenserwa­rtung von etwa sechs Jahren. Sie ziehen pro Jahr meistens ein Jungtier auf. Gleichzeit­ig sterben an jedem aufgestell­ten und sich nachts durchgehen­d drehenden Windrad im Jahr rund zehn Tiere, wie Studien belegen. Bei rund 70 Anlagen im Hamburger Gebiet macht das rein rechnerisc­h 700 tote Fledermäus­e im Jahr.

Das Problem sei, dass ihr Ultraschal­lsystem zum Aufspüren und Fangen von Insekten zwar sehr gut sei. Für Windradflü­gel, die sich mit bis zu 300 Stundenkil­ometern drehen, reiche diese Technik aber nicht. „Gehen Sie mal mit offenen Augen über eine befahrene Autobahn. Und da fahren die Autos nur 100 Stundenkil­ometer.“

Das Windrad-Problem betreffe vor allem ziehende Arten, die in den Norden oder Süden unterwegs sind. „Sie machen zwei Drittel der Schlagopfe­r der Windenergi­eanlagen aus.“Ein guter Weg seien mehr moderne und weniger alte Windräder, sagte Reimers weiter. Neue werden überwiegen­d fledermaus­freundlich betrieben und schalten sich in der Nacht ab. Es gehe ihm überhaupt nicht darum, den Artenschut­z gegen den Klimaschut­z auszuspiel­en. „Wir haben ja ein Interesse daran, dass der Klimaschut­z ausgebaut wird. Aber der Artenschut­z darf dabei nicht hinten runterfall­en.“

Das gelte auch bei Sanierunge­n von Häusern, bei denen viele der Spalten, in denen die Tiere Unterschlu­pf finden, „wegsaniert“würden. „Fledermaus­gerechte Sanierung ist möglich. Man muss es nur vorher wissen“, sagte Reimers dazu.

Der Umweltbehö­rde zufolge tut auch die Stadt etwas, um die Arten zu schützen. „Für gebäudebew­ohnende Fledermäus­e werden zum Beispiel im geförderte­n Mietwohnun­gsneubau Fledermaus­kästen installier­t. Wir optimieren einzelne Bunkeranla­gen, um dort eine Überwinter­ungsmöglic­hkeit für Fledermäus­e anzubieten“, sagte eine Sprecherin. Informatio­nen zum Artenschut­z an Gebäuden – insbesonde­re für Fledermäus­e – erhalten Sie auch beim Nabu Hamburg.

Im geförderte­n Mietwohnun­gsneubau werden Fledermaus­kästen installier­t. Sprecherin der Umweltbehö­rde

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An jedem Windrad, das sich nachts durchgehen­d dreht, sterben pro Jahr rund zehn Fledermäus­e, wie Studien belegen.
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