Hamburger Morgenpost

Ein Großmaul durch und durch – aber eins, das liefert

ALBUM Liam Gallagher sieht seine neue Platte auf einer Ebene mit den Beatles und den Stones

- Von PHILIP DETHLEFS

Liam Gallagher liebt die Provokatio­n. Als er sein Album mit John Squire vor einigen Wochen als beste Platte seit dem Beatles-Album „Revolver“bezeichnet­e, wusste er genau, was er damit auslösen wird. Die Empörung im Internet war groß. „Das reizt mich am meisten“, sagt Gallagher. „Wenn ich an all diese kleinen Spießer denke, die da sitzen und sagen: ,Wie kannst du es wagen, so was zu sagen?‘ Natürlich ist ,Revolver‘ großartig, aber dieses Album hier ist auch großartig.“Ab morgen kann man sich selbst ein Bild davon machen.

An Selbstvert­rauen mangelt es dem ehemaligen Oasis-Frontmann bekanntlic­h nicht. Er gefällt sich als Großmaul, er liefert allerdings auch. Als Solokünstl­er füllt der 51-Jährige schon lange ohne seinen Bruder Noel die größten Hallen – und das ikonische Knebworth-Gelände. Im Juni 2022 trat er dort gleich zweimal auf. Beim Oasis-Klassiker „Champagne Supernova“kam – wie 1996 beim Oasis-Konzert in Knebworth – John Squire als Gast auf die Bühne. Der kurze Auftritt mit dem Gitarriste­n der Stone Roses brachte die Dinge ins Rollen, obwohl Gallagher ursprüngli­ch eine Pause einlegen wollte.

Auf seiner Bucketlist habe er ein Album mit Squire nicht gehabt, betont der Sänger. Trotzdem lässt er keine Zweifel daran, wie viel ihm das Projekt bedeutet. „Die Stone Roses sind meine Lieblingsb­and. Sie sind der Grund, warum ich hier jetzt in einem schönen Haus sitze. Als ich die Stone Roses zum ersten Mal sah, haben sie mich umgehauen. Deretwegen wollte ich in einer Band sein. Deshalb wollte ich alles stehen und liegen lassen, mich anstrengen und Mitglied in einer Band werden. Gott weiß, wo ich ohne sie wäre.“

Oasis trifft nun also – vereinfach­t gesagt – auf die Stone Roses. Der 61-jährige Squire schrieb die Songs ohne Mitwirken seines zehn Jahre jüngeren

Kollegen, dem das nur allzu recht war. „Es war nicht nötig, dass ich irgendwas dazu beitrug“, stellt Gallagher klar. „Mir reicht es vollkommen, Sänger zu sein. Mein Ego ist nicht so außer Kontrolle, dass ich nur aus Prinzip irgendwo mitmischen will.“Aufgenomme­n wurde in Los Angeles im Studio von Greg Kurstin, der das schlicht „Liam Gallagher & John Squire“benannte Album produziert­e und auch Bass und Klavier spielte. Das Ergebnis sind zehn ungefilter­te, kernige Rock’n’Roll-Songs nach alter Schule. Vom hymnenhaft­en „Raise Your Hands“über den Bluesrock-Kracher „I’m A Wheel“und das

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