Wieder Streik — Knackpunkt bleibt Arbeitszeit
BAHN VS. GDL Arbeitgeber bei 35-Stunden-Woche weiter stur. Weselsky: Werden Ausstände bald nicht mehr ankündigen
BERLIN – Es war abzusehen. Nachdem letzte Woche die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführer-Gewerkschaft GDL erneut gescheitert sind, gibt’s nun wieder einen Bahnstreik. Knackpunkt: Die Bahn hat sich in Sachen Arbeitszeitverkürzung nicht bewegt. Eine Ankündigung von GDL-Chef Weselsky aber dürfte viele auf die Palme bringen: Künftig sollen Streiks auch ohne längere Vorankündigung starten.
➤ Was kommt auf Kunden zu? Bei der Bahn beginnt der Streik im Fern- und Regionalverkehr am frühen Donnerstagmorgen um 2 Uhr und soll laut GDL bis Freitag um 13 Uhr dauern. Im Güterverkehr beginnt der Arbeitskampf bereits morgen Abend um 18 Uhr und soll bis Freitag früh um 5 Uhr gehen. Die Bahn kündigte erneut einen rudimentären Notfahrplan an, mögliche Zugbindungen würden am 7. und 8. März entfallen.
Heftiger dürfte aber Weselskys zweite Ankündigung einschlagen: Er will Streiks künftig nicht mehr wie zuletzt mit rund 48 Stunden Vorlauf ankündigen. „Wir beginnen sogenannte Wellenstreiks“, sagte er gestern. Auch Streiks während des anstehenden Osterverkehrs schloss er nicht aus. „Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr“, sagte er. „Sehr wahrscheinlich wird auch der sogenannte Notfahrplan so nicht zu fahren sein.“
➤ Auch Streik bei der Lufthansa: Kurz vor der GDL hatte Verdi einen Streik beim Lufthansa-Bodenpersonal angekündigt, zwei Tage ab Donnerstag früh. Laut dem Flugkonzern dürften rund 200.000 Fluggäste betroffen sein. Verdi und GDL betonten, ihre Streik-Entscheidungen unabhängig voneinander getroffen zu haben.
➤ Woran hakt es immer noch bei den Bahn-Verhandlungen? Es ist schon der fünfte Ausstand binnen weniger Monate bei der GDL. Bei Lohnforderungen (555 Euro mehr monatlich will die GDL) oder Inflationsausgleich (einmalig 3000 Euro pro Beschäftigtem) kam man sich zumindest deutlich näher. Trotzdem scheiterten die Gespräche. Nach vier Wochen hinter verschlossenen Türen, trotz zweier erfahrener Mittler: dem früheren
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU). Knackpunkt für das Scheitern: die Arbeitszeit. Die GDL will die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn (statt bisher 38 Stunden). Die Bahn rückte nicht ab von ihrem letzten Vorschlag, einem Wahlmodell (37 Stunden ab 2026 oder 38 Stunden, dafür 2,7 Prozent mehr Lohn). Die Länge des neuen Streiks ist diesem Umstand geschuldet: „Dieser Streik wird insgesamt 35 Stunden lang sein. 35 Stunden deshalb, damit jeder in der Republik merkt, worum es uns geht, nämlich um die 35-Stunden-Woche“, sagte Weselsky. Die Reaktionen: Das Urteil der Deutschen Bahn war zu erwarten, Personalchef Martin Seiler kritisierte das Vorgehen der GDL als „stur und egoistisch“. „Diese sogenannten Wellenstreiks sind eine blanke Zumutung für unsere Fahrgäste.“Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) appellierte, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Allerdings mische die Regierung sich nicht in die Verhandlungen ein, hieß es.
Ein früherer Schlichter zwischen Bahn und GDL, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), kritisierte indes die Bahn, die derzeit auf juristischem Weg das Streikrecht der GDL einschränken will. Sie wolle offenbar die GDL als Organisation „kaputtmachen“– und sei nicht so generös, wie sie nach außen gerne vorgebe.
Mir scheint, die Bahn will die GDL kaputtmachen. Bodo Ramelow (Die Linke)