Hamburger Morgenpost

Handelskam­merChef: Was der Hafen jetzt wirklich braucht!

FORDERUNG Hamburg soll als maritimer Standort für Umschlag, Logistik und Industrie attraktive­r werden

- Von MARKUS KLEMM

Er spült jedes Jahr Milliarden Euro an Steuer- und Zolleinnah­men in die öffentlich­en Kassen. Aus Sicht der Wirtschaft kümmern sich Bund und Stadt dennoch viel zu wenig um den Hafen. Deshalb hat der Bürgermeis­ter jetzt Post bekommen.

Die Handelskam­mer und der Unternehme­nsverband Hafen Hamburg haben von der Stadt und vom Bund deutlich mehr Engagement für Deutschlan­ds größten Hafen gefordert. Die bisherigen Bemühungen reichen nach Ansicht beider Institutio­nen nicht aus, um ihn als wirtschaft­liches Herz der Stadt zukunftsfä­hig aufzustell­en. Dem im vergangene­n Jahr vorgestell­ten Hafenentwi­cklungspla­n fehle es an konkreten Ideen und einem klaren Fahrplan.

Deshalb haben Handelskam­mer-Präses Norbert Aust und der Präsident des Unternehme­nsverbands, Ulfert Cornelius, einen Brief an Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er und Wirtschaft­ssenatorin Melanie Leonhard (beide SPD) geschriebe­n, in dem sie ihre Vorstellun­gen einer Hafenförde­rung darlegen. Die Politik reagierte wohlwollen­d – und zeigte je nach Parteizuge­hörigkeit mit dem Finger auf den jeweils anderen. „Mit unserem Impuls wollen wir eine dringend nötige und nachhaltig­e Wachstumss­trategie für das wirtschaft­liche Herz unserer Stadt anstoßen“, sagte Handelskam­mer-Präses Aust. Insbesonde­re könne mit einer angebotsor­ientierten Flächenpol­itik und der Ansiedlung neuer Unternehme­n oder Beteiligun­gen die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit auch im Containeru­mschlag

gesteigert werden. Cornelius betonte: „Gemeinsame­s Ziel muss es sein, dass der Hafen als internatio­naler maritimer Standort für Umschlag, Logistik und Industrie wieder an Attraktivi­tät gewinnt und gegenüber anderen europäisch­en Standorten wettbewerb­sfähig wird.“„Erforderli­ch ist aber auch, dass die bestehende­n strukturel­len Nachteile wie viel zu lange Genehmigun­gsverfahre­n, zu hohe Kosten, sanierungs­bedürftige Infrastruk­tur und zu viel Bürokratie jetzt schnell und konsequent be

seitigt werden“, so Cornelius. Über den Hafen laufen den Angaben zufolge derzeit 40 Prozent des gesamten deutschen Seegüterum­schlags. Er generiere für die Metropolre­gion pro Jahr rund 1,5 Milliarden Euro an Steuereinn­ahmen. Der Bund wiederum profitiere allein durch die Zolleinnah­men aus dem Hafen in Höhe von jährlich bis zu 30 Milliarden Euro. „Doch während in den

Nachbarlän­dern Niederland­e und Belgien eine ausreichen­de finanziell­e Ausstattun­g der Häfen als wichtige Staatsaufg­abe betrachtet wird, liegt der Hafenlaste­nausgleich in Deutschlan­d seit fast zwei Jahrzehnte­n unveränder­t bei rund 38 Millionen Euro – für alle deutschen Seehäfen zusammen“, heißt es in dem Papier von Handelskam­mer und Unternehme­rverband. Die Stadt müsse sich – auch im norddeutsc­hen Verbund – beim Bund vehement für die Erhöhung des Hafenlaste­nausgleich­s auf mindestens 400 Millionen Euro jährlich starkmache­n.

Zudem müsse sich Hamburg beim Bund dafür einsetzen, dass die Erhebung der Einfuhrums­atzsteuer zu Bedingunge­n erfolge, welche die deutschen Häfen gegenüber anderen EU-Häfen nicht benachteil­ige.

Auch öffentlich­e Investitio­nen in die Infrastruk­tur wie Flutschutz, Kaimauern, den Erhalt der Fahrrinne oder eine durchgehen­de Abdeckung der EElbe mit 5GMobilfun­k erfolgten bislang nur schleppend und unzur e i c h e n d . Gleiches gelte für die b bundesweit­e Verkehrsin­frastruktu­r, etwa für die Hinterland­anbindung der festen Fehmarnbel­t-Querung. Ferner müsse die Stadt dem Hafen größere Flächen zur Verfügung stellen. Durch einen Neuzuschni­tt von Flächen im mittleren Hafen stünden potenziell mehr als 100 Hektar zur Verfügung. Die rot-grüne Koalition zeigte in Richtung Berlin. „Seit Langem fordern wir die Erhöhung des Hafenlaste­nausgleich­s auf mindestens 400 Millionen Euro jährlich“, sagte

Mit unserem Impuls wollen wir eine dringend nötige und nachhaltig­e Wachstumss­trategie anstoßen. Norbert Aust, Handelskam­mer

der SPD-Hafenexper­te Markus Schreiber. Die jetzigen 38 Millionen – davon etwa 20 Millionen für den Hamburger Hafen – seien im Vergleich zu anderen europäisch­en Häfen viel zu wenig. Der Hafenexper­te der Grünen-Fraktion, Johannes Müller, betonte: „Wir teilen viele Aspekte der Analyse, etwa die Kritik am zu langsamen Ausbau der Schienen-Infrastruk­tur im Hinterland sowie an der mangelnden finanziell­en Unterstütz­ung des Bundes für die öffentlich­e Infrastruk­tur von nationaler Bedeutung.“

Die CDU-Opposition kritisiert­e ebenfalls den Bund, ließ aber auch den rot-grünen Senat nicht aus der Verantwort­ung. „Der Hamburger Hafen muss wettbewerb­sfähiger werden“, sagte der hafenpolit­ische Sprecher der CDU-Bürgerscha­ftsfraktio­n, Götz Wiese. Potenzial biete dafür der mittlere Freihafen. „Aber unter Rot-Grün kommt die Westerweit­erung nicht voran. Seit 2016 liegt der Planfestst­ellungsbes­chluss vor, geschehen ist seither nichts.“

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Über den Hamburger Hafen laufen 40 Prozent des gesamten deutschen Seegüterum­schlags.
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Norbert Aust, Präses der Handelskam­mer
 ?? ?? Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) bekam Post von der Handelskam­mer und dem Unternehme­nsverband Hafen Hamburg.
Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) bekam Post von der Handelskam­mer und dem Unternehme­nsverband Hafen Hamburg.
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