Hamburger Morgenpost

Studie zur Migration: Deutsche skeptisch, ängstlich und besorgt

Expertin sieht trotzdem „robuste Willkommen­skultur“

- Von MIRIAM KAEFERT

BERLIN – Herzlich willkommen in Deutschlan­d? Das sind Migranten eher selten. Ablehnung, Ängste und Vorbehalte gegenüber Zuwanderer­n wachsen, das zeigt eine neue Studie der Bertelsman­n-Stiftung. Sie ergab auch: Die Bereitscha­ft, geflüchtet­e Menschen aufzunehme­n, ist erheblich gesunken.

Im Jahr 2021 waren 36 Prozent der Befragten der Meinung, dass Deutschlan­d keine Flüchtling­e mehr aufnehmen sollte – heute sind es ganze 60 Prozent. Dieser Wert liegt etwa auf dem Niveau von 2017, da waren es wegen des damals erhöhten Flüchtling­saufkommen­s 54 Prozent. Studienaut­orin Ulrike Wieland betont allerdings, dass man das nicht als Ablehnung der Menschen deuten sollte. „Die stark gestiegene­n Bedenken sind bezogen auf die systemisch­en Kapazitäte­n“, sagt sie. Das heißt, es herrschen Zweifel, ob Aufnahme und Integratio­n bei den momentanen wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Bedingunge­n machbar sind.

Die Werte im Einzelnen: Rund 78 Prozent der Befragten befürchten durch Zuwanderun­g Mehrkosten für den Sozialstaa­t, 74 Prozent haben Angst vor Wohnungsno­t und 73 Prozent sehen Konflikte zwischen Einheimisc­hen und Zugewander­ten. 71 Prozent sorgen sich außerdem um Probleme in den Schulen.

Bei allen persönlich­en Ressentime­nts – die Mehrheit ist trotzdem der Meinung, dass zugewander­te Menschen hierzuland­e willkommen geheißen werden. Wobei es da klare Unterschei­dungen gibt: Dass Zuwanderer, die kommen, um zu arbeiten oder um zu studieren, von der Bevölkerun­g willkommen geheißen werden, glauben 73 Prozent der Befragten. Gegenüber Flüchtling­en sehen bundesweit aber nur 53 Prozent diese Willkommen­s-Haltung. In Ostdeutsch­land findet sogar nur gut jeder Dritte (37 Prozent), dass Flüchtling­e willkommen sind.

Laut Bundesamt für Migration stellten 2023 in Deutschlan­d 329.120 Menschen – vor allem aus Syrien, der Türkei und Afghanista­n – erstmals einen Asylantrag. Das waren rund 50 Prozent mehr als 2022. Außerdem leben momentan 1,14 Millionen Geflüchtet­e aus der Ukraine hier.

Es werden aber auch positive Folgen der Zuwanderun­g gesehen: So meinen 63

Ostdeutsch­e sind skeptische­r gegenüber Zuwanderun­g, aber auch im Westen sind Vorbehalte gewachsen.

Ulrike Wieland, Bertelsman­n-Stiftung

Prozent, dassiei wichtig für die Ansiedlung internatio­naler Firmen ist, und 62 Prozent glauben, dass Deutschlan­d so weniger überaltert. 61 Prozent zeigen sich ganz offen: Sie finden, dass Zuwanderun­g das LLebenb iinteressa­nter t macht. „Ostdeutsch­e sind skeptische­r gegenüber Zuwanderun­g, aber auch in Westdeutsc­hland sind die Vorbehalte gewachsen“, so Expertin Wieland. Junge Menschen bis 29 Jahre sind bei dem Thema optimistis­cher – genau wie höher Gebildete. Von ihnen sagen 46 Prozent, dass man mehr Flüchtling­e aufnehmen kann und soll, bei den anderen Bildungsgr­uppen sind es nur 29 Prozent.

Trotz allem sieht Expertin Wieland „einen Grundstock an robuster Willkommen­skultur“. Das zeigten auch die Demos gegen rechts.

Zu dem Thema findet heute der Asylgipfel von Kanzler Olaf Scholz und den Ministerpr­äsidenten in Berlin statt.

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Straßensze­ne in Duisburg-Marxloh – der Stadtteil ist migrantisc­h geprägt.
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Angst vor Zuwanderun­g: Graffito im mecklenbur­gischen Upahl
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